Kreislauf und
Umschlag des Kapitals

2.4
Transportkosten

Der Transport ist ein Bestandteil des Produktionsprozesses, der sowohl zum unmittelbaren Produktionsprozeß der Betriebe (Werkeisenbahnen, Elektrokarren, Gabelstapler, Förderbänder, Handkarren usw.) als auch zur Zirkulationssphäre gehört oder einen gesonderten Wirtschaftszweig bildet, wie zum Beispiel das Verkehrs- und Nachrichtenwesen (Eisenbahn, Schiffahrt, Straßenbahn, Flugverkehr, Post usw.). Dafür müssen Produktionsmittel und Arbeitskräfte in großem Umfang aufgewendet werden.

Die Transportarbeit betrifft den Gebrauchswert der Waren und nicht die Formverwandlung, die Metamorphose von Ware und Geld. Sie existiert daher auch nicht nur in der kapitalistischen Warenproduktion, sondern ist eine allgemeine Bedingung jedes Produktions- und Reproduktionsprozesses, unabhängig von seiner gesellschaftlichen Form. Unter kapitalistischen Bedingungen ist der Transport ein Zweig der Kapitalanlage wie jeder andere Wirtschaftszweig auch, und in ihm wird Mehrwert produziert.

Die Transportarbeit unterscheidet sich von der Arbeit in der eigentlichen Produktion und hat etwas Gemeinsames mit der Arbeit zur Vorratshaltung. Sie verändert die äußerliche Form des Gebrauchswerts der Waren nicht und wenn doch, zum Beispiel durch Beschädigung, geschieht es nicht absichtlich. Sie erhöht den Gebrauchswert nicht, ist aber unentbehrlich für dessen Realisierung.

Der Gebrauchswert erfüllt erst seinen Zweck, wenn er zum produktiven oder individuellen Konsumenten gelangt, denn in den Händen der Produzenten oder der Händler sind die Waren Nicht-Gebrauchswerte. Damit der Gebrauchswert realisiert, das heißt konsumiert werden kann, ist der Transport nötig. Die für den Transport aufgewandte Arbeit erhöht den Wert der Waren und bringt unter kapitalistischen Bedingungen Mehrwert hervor. „Produktmassen vermehren sich nicht durch ihren Transport. Auch die durch ihn etwa bewirkte Veränderung ihrer natürlichen Eigenschaften ist mit gewissen Ausnahmen kein beabsichtigter Nutzeffekt, sondern ein unvermeidliches Übel. Aber der Gebrauchswert von Dingen verwirklicht sich nur in ihrer Konsumtion, und ihre Konsumtion mag ihre Ortsveränderung nötig machen, also den zusätzlichen Produktionsprozeß der Transportindustrie. Das in dieser angelegte produktive Kapital setzt also den transportierten Produkten Wert zu, teils durch Wertübertragung von den Transportmitteln, teils durch Wertzusatz vermittelst der Transportarbeit. Dieser letztre Wertzusatz zerfällt, wie bei aller kapitalistischen Produktion, in Ersatz von Arbeitslohn und in Mehrwert.“42

Von allgemeiner Bedeutung ist die von Karl Marx aus dieser Analyse gezogene Schlußfolgerung, daß für den Transport das allgemeine Gesetz der Warenproduktion gilt: Die Produktivität der Arbeit steht im umgekehrten Verhältnis zur Wertschöpfung. Das bedeutet, je kleiner die Arbeitsmenge, tote und lebendige, die für den Transport der Ware notwendig ist, desto größer die Produktivkraft der Arbeit und umgekehrt.43

Die Eigentümlichkeit der Transportindustrie besteht darin, daß sie ein Produktionszweig ist, der kein eigenes selbständiges Produkt hervorbringt. Was die Transportindustrie hervorbringt, ist, wie schon gesagt, die Ortsveränderung. Die Transportarbeit ist eine Form der produktiven Arbeit. Das ist sichtbar beim innerbetrieblichen Transport, der ein unmittelbarer Bestandteil des Produktionsprozesses ist.

Der innerbetriebliche Transport ist Teil des Produktionsprozesses und insofern an der Erzeugung der Produkte beteiligt, als er die Fortbewegung des Arbeitsgegenstandes von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz bewirkt. Dabei wird durch die konkrete Arbeit der Wert der Transportmittel auf das Produkt übertragen und durch die abstrakte Arbeit dem Produkt Wert und Mehrwert hinzugefügt. Der verselbständigte Transportprozeß hat es dagegen mit dem fertigen Produkt zu tun, das dem Kapitalisten, der den Transport gewerblich betreibt, nicht gehört. Er bewirkt nur die Ortsveränderung, und dabei wird von den Transportarbeitern, wie im innerbetrieblichen Transport, durch die konkrete Arbeit der Wert der Transportmittel übertragen und durch ihre abstrakte Arbeit Neuwert und mit ihm Mehrwert hinzugefügt.

Da das Produkt dem Auftraggeber und nicht dem Transportkapitalisten gehört, erscheinen die Ergebnisse der Produktion der Transportindustrie nicht als Warenkapital, W’, der Transportkapitalisten. Sie erhalten die Transportkosten, die sich aus dem Wert des verbrauchten konstanten Kapitals der Transportindustrie, dem Wert des reproduzierten variablen Kapitals und dem Mehrwert zusammensetzen. Die Transportkosten werden unmittelbar in Geldform erstattet. Die Formel des Kreislaufs des Transportkapitals lautet deshalb wie die Formel des Kreislaufs des Kapitals in der Goldproduktion

G – W < A
Pm
… P … G'

Der Unterschied besteht allerdings darin, daß das Ergebnis der Goldproduktion ein selbständiges Produkt ist, die Geldware, bei der Transportindustrie aber nur das Geldäquivalent für eine Dienstleistung.

Der Transport gehört also zum Dienstleistungsbereich. „Ein Dienst ist“, wie Karl Marx lehrt, „nichts als die nützliche Wirkung eines Gebrauchswerts, sei es der Ware, sei es der Arbeit.“44 Der Gebrauchswert der Arbeitskraft wird in der Transportindustrie, sofern es sich um den Transport von Waren handelt, die in die produktive Konsumtion, die Produktion, eingehen, konsumiert, ohne sich in einem Produkt zu verkörpern. Die aufgewandte gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit geht in das transportierte Produkt ein, indem die Transportkosten auf den Wert der Waren geschlagen werden. Sofern der Transport der Ortsveränderung von Menschen dient, geht der Nutzeffekt der Transportarbeit in die individuelle Konsumtion ein. „Was aber die Transportindustrie verkauft, ist die Ortsveränderung selbst. Der hervorgebrachte Nutzeffekt ist untrennbar verbunden mit dem Transportprozeß, d.h. dem Produktionsprozeß der Transportindustrie. Menschen und Ware reisen mit dem Transportmittel, und sein Reisen, seine örtliche Bewegung, ist eben der durch es bewirkte Produktionsprozeß. Der Nutzeffekt ist nur konsumierbar während des Produktionsprozesses; er existiert nicht als ein von diesem Prozeß verschiednes Gebrauchsding, das erst nach seiner Produktion als Handelsartikel fungiert, als Ware zirkuliert. Der Tauschwert dieses Nutzeffekts ist aber bestimmt, wie der jeder andern Ware … Wird er individuell konsumiert, so verschwindet sein Wert mit der Konsumtion; wird er produktiv konsumiert, so daß er selbst ein Produktionsstadium der im Transport befindlichen Ware, so wird sein Wert als Zuschußwert auf die Ware selbst übertragen.“45

Es zeigt sich, daß die Marxsche Lehre von den Zirkulationskosten eine äußerst konkrete Anwendung seiner Wert- und Mehrwerttheorie ist und die untersuchten Probleme nur mit deren Hilfe geklärt werden können. Es handelt sich dabei um Prozesse von allgemeinem Charakter, die sich im Kapitalismus nur unter Widersprüchen und individuellen und gesellschaftlichen Konflikten durchsetzen.