Kreislauf und
Umschlag des Kapitals

3.3
Der Gesamtumschlag des Kapitals

Die bisherige Untersuchung lehrt uns, daß die einzelnen Bestandteile des industriellen Kapitals verschiedenartig umschlagen. Während der Wert des zirkulierenden Kapitals ständig ganz übertragen wird, erfolgt die Übertragung des Wertes des fixen Kapitals erst nach vielen Produktionsperioden, wobei die Umschlagszeit der einzelnen Teile des fixen Kapitals gleichfalls unterschiedlich ist. Daraus folgt:

Erstens: Der Gesamtumschlag eines vorgeschossenen Kapitals ergibt sich aus dem Durchschnittsumschlag seiner verschiedenen Bestandteile.

Zweitens: Der materielle Ersatz der einzelnen Bestandteile des fixen Kapitals und des zirkulierenden Kapitals ist zeitlich sehr verschieden. Bei dem einen erfolgt er wöchentlich oder monatlich, bei dem anderen erst nach zehn oder mehr Jahren. Darum kann die Berechnung des Gesamtumschlags des vorgeschossenen produktiven Kapitals als Durchschnittsumschlag seiner verschiedenen Bestandteile nur in Geldform erfolgen.

Drittens: Aus dem Umstand, daß das zirkulierende Kapital in einem Jahr mehrmals umschlagen kann, ergibt sich die Möglichkeit, daß der gesamte in einem Jahr umgeschlagene Kapitalwert größer sein kann als der Gesamtwert des vorgeschossenen Kapitals. Nehmen wir zum Beispiel ein Kapital von
100 000 €. Es besteht zu 80 000 € aus fixem Kapital und zu 20 000 € aus zirkulierendem Kapital. Das fixe Kapital schlägt in zehn Jahren einmal um. Demnach beträgt der jährliche Verschleiß, der in Geldform als Amortisation niederschlägt, 8 000 €. Das zirkulierende Kapital schlägt jährlich fünfmal um. Das bedeutet, daß jährlich ein Kapitalwert von 20 000 mal fünf oder von 100 000 umschlägt. Zuzüglich der 8 000 in Geldform des verbrauchten fixen Kapitals macht das einen Kapitalwert von 108 000 €, der jährlich umschlägt. Das sind 8 000 € mehr als das vorgeschossene Kapital.

Viertens: Der Wertumschlag des vorgeschossenen Kapitals trennt sich von seiner wirklichen Reproduktionszeit. Während der größte Teil des fixen Kapitals noch materiell in den Gebäuden und Maschinen festliegt, schlägt der Wert des im fixen Kapital vorgeschossenen Kapitals durch den wiederholten Umschlag des zirkulierenden Kapitals schon ganz um. Vorgeschossen wurden 100 000 €, davon 80 000 € konstantes fixes und 20 000 € konstantes zirkulierendes Kapital, aber umgeschlagen sind 108 000 €.

Bei der Untersuchung des Umschlags des fixen Kapitals machte Karl Marx eine wichtige Entdeckung. Der Umschlag des fixen Kapitals, der dessen Reproduktion einschließt, bildet die materielle Grundlage für das periodische Auftreten der Wirtschaftskrisen.

Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und dem damit verbundenen Wachstum der organischen Zusammensetzung des Kapitals wächst der Umfang des fixen Kapitals. Die Produktion von Produktionsmitteln, insbesondere der Arbeitsmittel, wird in zunehmendem Maße zum Träger der Entwicklung der kapitalistischen Produktion.52 Aus dem Grundwiderspruch des Kapitalismus und dem anarchischen Charakter der kapitalistischen Wirtschaft ergibt sich der Widerspruch zwischen Produktion und Markt. Im Jahre 1825 trat dieser Widerspruch zum erstenmal auf und erfaßte die ganze Wirtschaft der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder, vor allem die Englands. Seit dieser Zeit gab es periodisch alle acht bis zehn Jahre Krisen.

Die materielle Grundlage dieser Periodizität ist der Umschlag und damit die Reproduktion des fixen Kapitals. Denn das Ende der Krise bildete, wie Karl Marx feststellte, immer den Ausgangspunkt für eine große Neuanlage von fixem Kapital. Die auf die Krise folgende Belebung wird vor allem durch die Produktion von fixem Kapital getragen.53