RotFuchs 214 – November 2015

Wie der Mythos von der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ zerstört wurde

Adenauers Jagd
auf die unter Hitler Gejagten

Joachim Augustin

Am 17. August 1956 wurde die KPD – die Partei der antifaschistischen Helden – durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verboten.

Nach zwölfjähriger Illegalität unter der Terrorherrschaft der Nazis hatte sich die Partei der deutschen Kommunisten 1945 als erste politische Formation in Deutschland neu konstituiert und war von den vier Besatzungsmächten zugelassen worden. Im Parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz der BRD beschloß, wurde die KPD durch Hugo Paul und Max Reimann vertreten. 1949 zog sie in den 1. Deutschen Bundestag ein.

Max Reimann,
Vorsitzender der KPD von 1948 bis 1968

Von den „demokratischen Parteien“ seit Anbeginn isoliert, unterstellten ihr ausgerechnet jene eine Mitschuld am Scheitern der Weimarer Republik, in deren Reihen es von schwer belasteten Nazis nur so wimmelte. Aus deren Sicht war kein Platz für Abgeordnete, welche die Ideen von Marx und Engels vertraten. Der prominenteste Faschist an der Seite Konrad Adenauers war dessen „graue Eminenz“, Staatssekretär Hans-Maria Globke, der als Kommentator der 1935 erlassenen Nürnberger Rassegesetze maßgeblich Mitschuld an den antisemitischen Genozid­verbrechen Hitlerdeutschlands trug. Seit 1953 war Globke Adenauers intimster Ratgeber. Dessen Regierung sorgte dafür, daß nahezu alle Nazi-Beamten – darunter auch Polizisten, die in Sonderkommandos an Massenerschießungen beteiligt gewesen waren –, in den Staatsdienst übernommen wurden. Dasselbe galt für schwerbelastete faschistische Juristen.

Der aktuelle Hauptgrund für eine Verteufelung der KPD war in deren entschiedenem Widerstand gegen die Aufrüstung der BRD und die Stationierung von US-Atomwaffen auf ihrem Territorium zu suchen. So wurden alle Register gezogen, um sich der Partei Max Reimanns zu entledigen.

Schon am 23. November 1951 schaltete Adenauer die Justiz ein, die nach fünf Jahren „intensiver Untersuchungstätigkeit“ den Kommunisten das Recht auf legale Betä­tigung absprach. In der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts bezog sich dieses hauptsächlich auf das Programm der KPD zur nationalen Wieder­ver­einigung Deutschlands. Dieses Dokument war bereits von anderen Gerichten im voraus als „Hochverrat“ bezeichnet worden. Der aber bestand nach Auffassung der Verbotsbefürworter darin, daß die KPD zum Sturz des Adenauer-Regimes aufgerufen hatte. Das Gericht unterstellte: „Mit dem Angriff auf das Adenauer-Regime beab­sichtigt die KPD zugleich einen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.“

Die angebliche Verfassungswidrigkeit der Partei wurde in Karlsruhe schließlich auch mit deren „politischem Stil“ begründet. Dieser ziele auf die Herabsetzung und Verächtlichmachung der verfassungsmäßigen Ordnung der BRD. „Ihr Ansehen soll geschmälert, das Vertrauen des Volkes auf die von ihr aufgerichtete Werteordnung erschüttert werden.“ (Man bedenke, daß es in der BRD bis heute gar keine vom Volk legitimierte Verfassung, sondern nur das Provisorium Grundgesetz gibt!)

Noch am Tag nach der Urteilsverkündung erfolgte in der BRD eine Orgie der Polizeigewalt. Sie gipfelte in Verhaftungen, Beschlagnahmen sowie der Schließung von Parteibüros. 33 Funktionäre wurden auf der Stelle verhaftet, das vor allem aus Immobilien, 17 Zeitungen und Druckereien bestehende Parteivermögen eingezogen und angeblich gemeinnützigen Zwecken zugeführt. Damit trat das Adenauer-Regime eine Welle des politischen Terrors gegen KPD-Mitglieder, deren Angehörige, Freunde und Bekannte los. Wer auch nur in den geringsten Verdacht angeblich strafbarer Handlungen geriet, konnte ohne weitere Begründung gekündigt werden. So verfuhr man auch mit Tausenden Antifaschisten, denen man lediglich periphere Kontakte zu KPD-Genossen unterstellte. Dadurch wurden auch antifaschistisch-demokratische Kreise erfaßt, die mit der KPD keinen direkten Kontakt unterhielten. Die „christliche“ Adenauer-Regierung mit Schreibtischmörder Globke nahm bei ihrer Kommunistenjagd selbst auf jene keine Rücksicht, welche unter der Hitlerdiktatur bereits jahrelang in Zuchthäusern und KZs gelitten hatten. Sie entzog vielen von ihnen jegliche Vergütung nach dem Bundesentschädigungs- und Häftlingshilfe-Gesetz. Die Zahlung einer Wiedergutmachungsrente für kommunistische Verfolgte des Naziregimes wurde eingestellt.

1995 beschloß der Niedersächsische Landtag einstimmig die nachträgliche Zahlung dieser widerrechtlich verweigerten Gelder auch an Kommunisten. Doch die Landes­regierung des Sozialdemokraten Gerhard Schröder erhob dagegen „rechtliche Bedenken“, da dies „einer Teilrehabilitierung der Betroffenen“ gleichkäme. Was folgte, war dann der soziale Kahlschlag in der Regie des SPD-Kanzlers und seines damals noch grünen Komplizen Josef Fischer.

Dem war jene Welle der Berufsverbote vorausgegangen, welche eine breite Spur des Gesinnungsterrors keineswegs nur gegen Kommunisten gezogen hatte. Sie wiederum hing mit dem Namen des sonst eher differenziert zu betrachtenden SPD-Kanzlers Willy Brandt zusammen.

Aufschlußreich ist wohl auch folgende Tatsache: 1996 erklärte die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Jutta Limbach, unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sei ein Verbot der KPD nicht mehr denkbar.

Für die damals verfolgten Genossinnen und Genossen ist das allerdings kein Trost. Ihnen gelten unsere Solidarität und unser Respekt!