RotFuchs 218 – März 2016

Aus dem Weißbuch zur Militärstrategie Chinas (2015)

RotFuchs-Redaktion

In der heutigen Welt vollziehen sich in der internationalen Lage tiefgehende Veränderungen. Sie sind Ausdruck eines veränderten Kräfteverhältnisses – global wie in der asiatisch-pazifischen Region – und des internationalen Wettbewerbs auf ökonomischem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet. Die Friedenskräfte erstarken und sind ein wesentlicher Faktor gegen den Krieg.

In absehbarer Zeit ist ein Weltkrieg wenig wahrscheinlich und die Lage wird allgemein friedlich bleiben.

China baut seine internationalen Beziehungen weiter aus: Mit Irans Staatsoberhaupt Rohani vereinbarte Präsident Xi Ping die schrittweise Steigerung des beiderseitigen Handelsvolumens auf das Zehnfache des derzeitigen Niveaus.

Als ein großes Entwicklungsland ist China jedoch noch mit vielfältigen und komplexen Bedrohungen konfrontiert. Es gibt allerdings neue Gefahren durch den Hegemonismus, durch Großmachtpolitik und Neo-Interventionismus. Terroristische Aktivitäten nehmen zu, ethnische und religiöse Fragen sind ebenso komplex wie Grenz- und Territorialstreitigkeiten. China steht vor der schwierigen Aufgabe, seine Einheit, territoriale Integrität und seine nationalen Interessen zu verteidigen. In einigen Regionen kann es zu begrenzten Kriegen, Konflikten und Krisen kommen. In einem allgemein günstigen Umfeld wird China noch eine gewisse Zeit für seine Entwicklung brauchen. Als großes Entwicklungsland ist China dabei mit vielfältigen und komplexen Bedrohungen wie auch mit externen Einflüssen und Veränderungen konfrontiert.

Während sich das ökonomische und strategische Zentrum der Welt immer schneller in die asiatisch-pazifische Region verschiebt, betreiben die USA eine Strategie der „Rebalance“. (Bemerkung des Übersetzers: Diese ist darauf gerichtet, mit allen diplomatischen, ökonomischen und militärischen Mitteln die US-Positionen in der Region zu stärken.) Dazu erklärte Obama im Mai 2014: „Amerika ist die einzige unverzichtbare Nation in der Well … Amerika muß immer führen in der Welt. Wenn wir es nicht tun, wird es niemand sonst tun. … Die USA werden ihre militärische Stärke nutzen und einsetzen.“

Chinas Streitkräfte werden in der neuen historischen Periode unter der Führung der KP Chinas und auf chinesische Art ihre historische Mission erfüllen, indem sie die Sicherheit Chinas gewährleisten, seine Interessen sichern, den regionalen wie den Weltfrieden bewahren und die Möglichkeiten für Chinas Entwicklung garantieren. …

Um den Anforderungen gerecht zu werden, die sich aus der weltweiten Revolution auf dem Gebiet des Militärwesens ergeben, werden die Streitkräfte mehr Aufmerksamkeit auf die Veränderungen in den neuen Sicherheitsbereichen richten und daran arbeiten, die strategische Initiative auf diesem Gebiet zu erreichen. …

Das strategische Konzept der aktiven Verteidigung ist das Wesen des militärischen Denkens der KP Chinas. Es wurde über eine lange Zeit revolutionärer Kriege zu einem kompletten strategischen Konzept entwickelt. Es hält fest an der Einheit von strategischer Verteidigung und operativer und taktischer Offensive sowie an den Prinzipien von Verteidigung, Selbstverteidigung und Gegenschlag. Und es hält fest an der Aussage: „Wir werden nicht angreifen, aber wir werden entschieden zurückschlagen, wenn wir angegriffen werden.“ …

Die See- und Ozeangebiete spielen hinsichtlich eines stabilen Friedens, einer anhaltenden Stabilität und gesicherten Entwicklung Chinas eine besondere Rolle. Die traditionelle Auffassung, daß das Land wichtiger sei als die See, muß überwunden werden. Der Schutz der maritimen Rechte und Interessen ist für China von außerordentlicher Bedeutung. China muß in Übereinstimmung mit seinen Sicherheits- und Entwicklungserfordernissen eine moderne maritime Militärstruktur entwickeln, um seine Souveränität, maritimen Rechte und Interessen zu gewährleisten. China muß die strategischen Bedingungen sicherstellen, um sich selbst zu einer Seemacht zu entwickeln.

Der Weltraum ist zu einem Hauptgebiet des internationalen strategischen Wettbewerbs geworden. … China wird in der Dynamik im Weltraum mithalten, sich den Bedrohungen und Veränderungen auf diesem Gebiet stellen, um den Zugang zum All zur Sicherung der ökonomischen und sozialen Entwicklung zu gewährleisten und die Weltraumsicherheit zu bewahren.

Cyberspace ist zu einem neuen Pfeiler der ökonomischen und sozialen Entwicklung und einem neuen Gebiet der nationalen Sicherheit geworden. China ist mit ernsthaften Gefahren für die Sicherheit seiner Cyber-Infrastruktur konfrontiert. Da Cyberspace mehr und mehr auch die militärische Sicherheit betrifft, wird China Kräfte dafür entwickeln, die den Anforderungen der Cyberspace-Situation entsprechen. China wird an der internationalen Cyber-Kooperation teilnehmen.

Die Nuklear-Kräfte sind ein Eckpfeiler zur Gewährleistung der nationalen Souveränität und Sicherheit. China hat immer erklärt, daß es nicht als Erster Kernwaffen einsetzen wird und sich zu einer Nuklearstrategie der Selbstverteidigung bekennt. Es wird den Einsatz von Kernwaffen gegen Nichtnuklearstaaten oder in kernwaffenfreien Zonen weder androhen noch vornehmen. China wird keinesfalls am nuklearen Wettrüsten teilnehmen. Es wird jedoch sein Kernwaffenpotential auf dem für seine Sicherheit erforderlichen unteren Niveau halten. …

Chinas Streitkräfte verfolgen das Konzept einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit. Sie werden ihre militärischen Beziehungen auch weiter auf der Basis der Nichtpaktgebundenheit, nicht auf Konfrontation und nicht gegen Dritte gerichtet entwickeln. Sie setzen sich dafür ein, einen Mechanismus für kollektive und sicherheitsbildende Maßnahmen im militärischen Bereich zu schaffen, und sie werden die militärische und Sicherheitskooperation ausweiten, um ein günstiges Umfeld für die friedliche Entwicklung Chinas zu gewährleisten.

Der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Rußland und China werden im Rahmen einer umfassenden strategischen Partnerschaft vertieft und ein breitgefächerter und nachhaltiger Mechanismus geschaffen, um die Beziehungen zwischen der chinesischen und der russischen Armee in weiteren Bereichen und auf höherem Niveau zu gestalten.

In Übereinstimmung mit den neuen Beziehungen zwischen den Großmächten baut China militärische Beziehungen neuen Typs zu den USA auf, verstärkt den Dialog, den Austausch und die Zusammenarbeit mit den USA im Bereich der Landesverteidigung und verbessert den Vertrauensmechanismus zur gegenseitigen Benachrichtigung über wichtige militärische Operationen und die Verhaltensrichtlinien für die Sicherheit bei Begegnungen auf dem Meer und im Luftraum. … Chinas Streitkräfte werden damit fortfahren, in den Beziehungen zu den USA ein neues Modell militärischer Beziehungen … zu entwickeln, das dem der Beziehungen zwischen den beiden Staaten entspricht. …

Mit wachsender Stärke des Landes werden Chinas Streitkräfte noch intensiver an UN-Missionen teilnehmen und alles tun, um mehr internationale Verantwortung zu übernehmen und noch stärker zum Frieden in der Weit und zu einer gedeihlichen Entwicklung beizutragen.

Die Übersetzung nach der englischsprachigen Textvorlage besorgte Oberst a. D. Bernd Biedermann.