RotFuchs 192 – Januar 2014

Nachbetrachtungen zu einer Tagung
der Peter-Hacks-Gesellschaft

Dank an einen Mutmacher

Konstantin Brandt

Aussagefähiger hätte die Peter-Hacks-Gesellschaft ihre bereits sechste wissenschaftliche Tagung am 2. November nicht überschreiben können: „Peter Hacks und die Klassik“. Als ich Anfang Oktober die Einladung des Vorsitzenden der Gesellschaft, Dr. Matthias Oehme, erhielt, war mir klar, daß es auch wieder Zeit für den „RotFuchs“ wird, sich des großartigen Schriftstellers und Mitstreiters Peter Hacks zu erinnern. War er es doch, der in einem Brief an den Chefredakteur des damals noch jungen RF, Klaus Steiniger, die rhetorische Frage stellte: „Wessen sollten wir uns rühmen, wenn nicht der DDR.“

Diese ins Schwarze treffenden, inzwischen weithin bekannten Hacks-Worte wurden auf der Mitgliederversammlung des RF-Fördervereins im Oktober 2013 des öfteren ins Gedächtnis gerufen.

Sie erinnerten mich an das Jahr 1965. Damals stand ich kurz vor dem Abitur, hatte also etwas Spielraum und nutzte diesen als Mitglied des Theaterjugendklubs der Volksbühne, um nahezu jede Probe zum „Moritz Tassow“ von Peter Hacks mitzuerleben. In Szene gesetzt wurde das Stück von dem bereits legendären Regisseur Benno Besson. An seiner Seite befand sich der junge Regieassistent Christoph Schroth, der später mit außergewöhnlichen Inszenierungen in Schwerin und Cottbus für Aufsehen sorgte. Fritz Cremer hatte ein eindrucksvolles Bühnenbild geschaffen. Leiter unseres Klubs war der Sohn von Kurt Julius Goldstein, der ebenfalls Kurt hieß und selbst auch Schauspieler an diesem Theater wurde. Was damals alles möglich war, bewies uns die künstlerische Hilfe der Schauspieler Katja Paryla und Reinhard Michalke. Vom Intendanten wurde uns der Dramaturg Detlef Espey zur Seite gestellt …

Als Einstimmung auf die November-Tagung bot man allen Interessierten bereits zuvor die Lesung des Hacks-Dramas „Der Frieden“ nach Aristophanes mit Schauspielschülern der HFS „Ernst Busch“ im Theater der Peter-Hacks-Gesellschaft, dem „Habbema“. Viele machten von der Einladung Gebrauch. Beeindruckend war, daß die angehenden Schauspieler unter Leitung von Kerstin Hensel nicht nur akzentuiert lasen, sondern daß man auch das Gefühl bestätigt sah, alle hätten Zugang zu dem, was Peter Hacks ausdrücken wollte. André Asriel hat diese einprägsamen Zeilen des Stückes vertont: „Die Oliven gedeihn/Der Krieg ist vorbei/Es tönt die Schalmei/Der Frieden zog ein/Wir würzen den Wein/Mit Zimt und Salbei/Die Oliven gedeihn/Der Krieg ist vorbei.“

Die Vorträge tags darauf im Magnus-Haus Berlin – genannt seien nur Prof. Dr. Heinz Hamm „Das Kunstkonzept einer sozialistischen Klassik in den Gesprächsprotokollen der von Peter Hacks geleiteten Akademiearbeitsgruppen“; Felix Bartels „Zu viel verstehen – Gattungswissen und Gattungskönnen bei Peter Hacks“; die Schillerreflexe bei Peter Hacks“ von Prof. Dr. Bernd Leistner, der manchen schon aus bemerkenswerten Nachworten zu Werken des Dichters in DDR-Tagen bekannt war – klangen recht akademisch. Dennoch waren sie so verständlich und auf das Werk des Namensgebers der Gesellschaft bezogen, daß nicht nur Philologen etwas damit anfangen konnten. – Wer allerdings eine halbe Stunde zu spät kam, versäumte am zweiten Tag etwas, das für ein Gesamtverständnis der Tagung unabdingbar war: die Eröffnungsrede Matthias Oehmes: „In den ästhetischen und politischen Kämpfen des ausgehenden 20. Jahrhunderts stand Hacks auf der Seite der Kunst, der Schönheit, der Liebe, des Genusses und des Sozialismus. Seine Werke, viel gespielt und gut editiert, sind ein großer literarischer Schatz, bei dessen Hebung und Bewahrung die Peter-Hacks-Gesellschaft mit ihren zahlreichen Aktivitäten einen Beitrag leisten möchte.“ Wie man es auch wende, alle Aspekte des Hacksschen Schaffens berührten die Frage, wie er es mit dem DDR-Sozialismus gehalten habe. „Er war unstrittig konsequenter Parteigänger und schärfster, weil tiefgründigster Kritiker in einem.“

Matthias Oehme stellte weiter fest: „Daß Hacks zu anstrengend, zu anspruchsvoll und artifiziell sei, wenden die einen gegen ihn ein. Die anderen bringen vor, daß er nur läppisch-lustig, epigonal, graziös, gefällig schreibe, allenfalls unterhaltsam also.“ Beide Seiten seien sich „unter Absehen von der Unvereinbarkeit ihrer Ansichten einig, daß Hacks aus diesem wie aus jenem Grund nicht mehr aufgeführt und gelesen werde. Daran stimmt ganz offenkundig nicht einmal letzteres, denn er wird ja gelesen und gespielt.“

Worauf wir „RotFüchse“ stolz sind, ist die innere Verwandtschaft zu Peter Hacks und den Werken eines bedeutenden Literaten der DDR, der uns in den schwersten Jahren während und nach der Konterrevolution durch seine geistige und politische Nähe Kraft wie Ermutigung vermittelt hat.