RotFuchs 233 – Juni 2017

Der Florentiner Niccolò Machiavelli
im Jahre 1513 und die Probleme
der Stadt Florenz mit McDonald’s

Lutz Jahoda

Als Machiavelli sein Traktat verfaßte,
zur Mechanik des Geldes und damit zur Macht,
war klar, daß dies den Medici nicht paßte.
Auch heut nicht der Wallstreet, wenn es wieder mal kracht.

Die Medici, achtzehn Jahre weg vom Fenster,
hatten die Republikaner verjagt.
Diese zu dulden, auch nicht als Gespenster,
hatte selbstredend der Fürst sich versagt.

Die Fürsten von einst sind heut die Konzerne,
mit Großfilialen rund um die Welt.
Überall dort, wo Amerikas Sterne
sich breitgemacht haben, rotiert auch das Geld.

Es rotiert für die Reichen im Freihandelsschwung.
Der Mittelstand geht dabei zwar vor die Hunde.
Keine Bange vorm Schwund an Begeisterung:
Der bequeme Bürger bleibt weiterhin Kunde.

Die Süßigkeitsfallen sind ausgelegt,
mit verlockendem Duft nach Besserung.
Wer heut noch so blöd ist und Hoffnung hegt,
der hat sich selbst aufs Kreuz gelegt.
Dies kurz noch erwähnt zur Erläuterung.

Es sieht nicht gut aus in der Welt des Geldes. Und dies nicht nur aus Sicht des Durchschnittsbürgers. Sogar die Ölscheichs klagen, sind aber selbst schuld an der Misere.

2014 hatte Saudi-Arabien einen zerstörerischen Preiskampf angezettelt und sich letztlich damit selbst geschadet. „Der Russe“ sollte mit der Erdölschwemme getrof­fen werden, doch getroffen hat es die Saudis selbst. Von 117 Dollar je 159-Liter-Faß (Barrel) war der Preis auf 40 Dollar abgesackt, hätte aber mindestens 105 Dollar einbringen müssen, um dem Staatshaushalt der Dynastie nützlich zu sein, zumal sich das Herrscherhaus vom schlichten Menschenrechtsverletzer inzwischen zum Kriegs­ausüber entwickelt hat, schonungslos zivile Ziele im Jemen bombardiert und sich genötigt sieht, den Finanzmarkt um Anleihen in Höhe von 17,5 Milliarden Dollar zu ersuchen.

Kriegsherren brauchten immer schon Geld, und die es hatten und verliehen, verdien­ten daran üppig.

Niccolò Machiavelli

Die Medici wirkten beispielhaft auf diesem Gebiet, hatten mit Pfandleihen und Geldwech­selgeschäften begonnen, mit Textilien und Gewürzen gehandelt, und die Nachfahren hatten es verstanden, geschickt einzuheiraten und mit dem Vermögen der einen die Kredite der anderen zu bedienen, dadurch den Handel zu beleben, fürstlich daran zu verdienen und so ein Wirtschaftsimperium zu errichten.

Somit wäre Florenz vorgeprägt, dachte offen­bar Steve Easterbrook, Präsident des welt­weiten Milliardenunternehmens McDonald’s, mit Unternehmenssitz in Oak Brook im US-Staat Illinois, und verordnete der Stadt, den zehn McDonald’s-Filialen, die bereits das historische Zentrum von Florenz einkesseln, eine weitere Fastfood-Filiale hinzuzufügen, unmittelbar dort, wo es die meisten Besucher hinzieht: auf den Domplatz, nahe der Kathedrale Santa Maria del Fiore, einem Weltkulturerbe der UNESCO.

Unter der Zeile „Filetstückjäger des Tages“ konnte ich in der „jungen Welt“ am 8. November 2016 darüber lesen und erfahren, daß Dario Nardella, der Bürgermeister von Florenz, ganz im Sinne einer Einwohner-Petition dem Konzern schon im Juni eine Abfuhr erteilt hatte. Die Antwort des Großfilialisten und weltweiten Konzessions­gebers McDonald’s aus den Vereinigten Staaten, verbreitet über die Nachrichten­agentur AFP: Schadenersatz in Höhe von 17,8 Millionen Dollar – eine gezielte Breit­seite gegen den Vatikan, der sich erlaubt hatte, sich Nardellas Ablehnungsnote anzu­schließen. Das Fastfood-Franchising-Unternehmen hatte ernsthaft vor, auch im Vatikanstaat eine McDonald’s-Filiale zu etablieren. Kardinäle hatten das abgelehnt. Die „junge Welt“ kommentierte dies so: „Ob McDonalds bald auch gegen die Geistlich­keit vor Gericht zieht, wird sich zeigen. Die weltliche Öffentlichkeit bekommt unter­dessen schon einmal einen Vorgeschmack auf Rechtsstreitigkeiten, wie sie im Fall eines Inkrafttretens des Freihandelsabkommens TTIP künftig Sondergerichte beschäftigen werden.“

Mich inspirierte diese Androhung zu den folgenden Zeilen:

Wer Gaben nimmt, der ist nicht frei,
der muß Geschenke machen.
Das führt bis hin zur Kumpanei
und zu weit schlimmren Sachen.

Wer mogelt, ist nicht weit davon,
auch Menschen umzubringen.
Noch dirigiert das Pentagon,
dessen Lied wir singen.

Das Knäuel, gewickelt einst von Bonn.
Der Wohlstand hat’s gelitten.
Doch war damit der Rubikon
für Deutschland überschritten.

Das Land steckt in Erklärungsnot
vom Keller bis zur Zinne.
Ach, wär’ es nur der Fastfood-Tod,
der irgendwann Europa droht!
Wir sind im Netz der Spinne.

Inzwischen wurde bekannt, daß sich Mc-Donald’s in Rom immerhin bis knapp vor die Vatikanmauer heranarbeiten konnte. Die vatikanische Güterverwaltung Apsa ver­mochte offenbar der Monatsmiete von 30 000 Euro nicht zu widerstehen und überließ der Fastfood-Filiale 500 Quadratmeter in einem Gebäude am Rand des Petersplatzes, dem Zuhause namhafter Kardinäle.

Die 18-Millionen-Dollar-Klage gegen die Stadt Florenz ist noch nicht entschieden …


Keine deutsche Sage

Es ist nun einmal keine deutsche Sage,
daß der Feind im eigenen Lande steht.
Es ist eine alte Menschheitsplage,
die dem Geist längst über die Hutschnur geht.

Politisches Denken ist Mangelware –
und eindeutig nicht nur in unserem Land.
Die traurige Antwort ist eine klare:
Bezahlte Verdummung zehrt am Verstand.

L.J.