RotFuchs 198 – Juli 2014

Belgiens PTB schaffte Einzug in drei Parlamente

Eine viertel Million Stimmen
gegen das Kapital

K. S.

Bei den Parlaments- und Regionalwahlen, die am 25. Mai zeitgleich mit dem Votum für das Europäische Parlament in Belgien stattfanden, haben die Partei der Arbeit und deren Bundesgenossen einen grandiosen Erfolg zu erringen vermocht. Sie vereinten eine Viertelmillion Stimmen auf ihre Liste PTB-GO! (Gauche d‘ Ouverture / Linke Öffnung). Erstmals zog die klassenkämpferische Partei mit zwei Abgeordneten in das belgische Nationalparlament ein. Die Mandate gingen an ihren offiziellen Sprecher Raoul Hedebouw und den gleichfalls jungen Marco van Hees.

Auch in den regionalen Vertretungskörperschaften (Landtagen) des französischsprachigen Wallonien (5,8 % / zwei Mandate) und Brüssels (3,9 % / zwei Mandate) wird die PTB fortan die Rolle des konsequenten Verfechters der Arbeiter- und Volksinteressen übernehmen können. In Flandern, Belgiens dritter Region, wo die Liste der faschistisch durchsetzten rechtsnationalistischen Partei N-VA 31,9 % erhielt, verfehlte die PTB mit einem Anteil von 2,5 % zwar einen Sitz im Nationalparlament, konnte aber die Zahl der für sie abgegebenen Stimmen in Antwerpen sowie etlichen anderen Städten und Gemeinden der Region deutlich erhöhen.

Waren die belgischen Genossen bei der letzten landesweiten Abstimmung mit dem ihre soziale und politische Unterstützungsbasis verbreiternden Signum PTB+ angetreten, so widerspiegelte die diesmal von ihnen gewählte Formel den Willen zur Verständigung mit weiteren Bündnispartnern. Hierfür sprachen sich außer der traditionsreichen KP Belgiens und der Revolutionären Kommunistischen Liga auch christliche Gewerkschafter und Teile der sozialdemokratisch geführten Arbeiterzentrale FGTB aus. Deren Sektion von Charleroi – der zweitgrößten Stadt Walloniens – hatte ihre Unterstützung folgendermaßen begründet: „Die Parteien der traditionellen Linken – SP und Grüne – unterstützen den Sparkurs der EU … Die Werktätigen, die Frauen, die Jungen, die Sozialhilfeempfänger und Menschen mit Einwanderungshintergrund aber werden davon hart getroffen. Die Diskriminierung Arbeitsloser hat weiter zugenommen. Die militärischen Interventionen im Ausland vervielfachen sich.“ Deshalb bedürfe es einer antikapitalistischen Alternative links von der PS und den Ökologisten. „Wir rufen zur Stimmabgabe für die Liste PTB-GO! auf und tun das, obwohl wir nicht die Gesamtheit der im PTB-Programm verankerten Auffassungen teilen, ja sogar ernste Meinungsverschiedenheiten haben.“

Zum Erfolg der PTB hat zweifellos deren ebenso prinzipienfestes wie undogmatisches Auftreten beigetragen. Die derzeit am schnellsten wachsende marxistische Partei Westeuropas war gut beraten, vor allem auch jüngere und junge sowie überwiegend proletarische Kandidatinnen und Kandidaten zu nominieren. Als Nr. 1 für den Landtag Walloniens trat der vor einigen Jahren von der PS zur PTB übergewechselte populäre Metallarbeiterfunktionär Fréderic Gillot (51), Stahlwerker bei Arcelormittal in Liège (Lüttich), an. Seine Wahl war von Beginn an gesichert. Für das Regionalparlament in Brüssel bewarb sich der frühere Präsident des Studentenverbandes FEF, der 28jährige Michaël Verbauwhede. Auch er errang als regionaler Spitzenkandidat eines der beiden PTB-Mandate. Obwohl es der erst 21jährige Medizinstudent Jos d’Haese, der die Liste der PTB-GO! in der flandrischen Provinz Antwerpen anführte, nicht in das dortige Regionalparlament geschafft hat, erhielt auch er ein hohes Maß an Zustimmung. Schon bei den Kommunalwahlen im Oktober 2012 hatte Jos – auf dem 33. Listenplatz kandidierend – nicht weniger als 1183 Präferenzstimmen erringen können. „Er ist jung, der Sache ergeben, umgänglich und überdies ökologisch orientiert, kurzum das Symbol all dessen, wofür die PTB heute steht“, hatte der Parteivorsitzende und Bestseller-Autor Peter Mertens den Aktivisten des linken Jugendverbandes COMAC den Wählern vorgestellt.

Übrigens wurde der hochbegabte und marxistisch gebildete PTB-Führer kurz nach dem Wahltag vom belgischen König empfangen, was wohl ebenfalls eine Novität gewesen sein dürfte.

Der „RotFuchs“, dessen Leser seit Jahren aus den redaktionell genutzten Berichten des PTB-Organs „Solidaire“ wertvolle Informationen beziehen, beglückwünscht die couragierten Weggefährten in Brüssel, Wallonien und Flandern zum eindrucksvollen Wahlerfolg.