RotFuchs 224 – September 2016

Prof. Dr. Georg Grasnick –
Kämpfer und Aufklärer

RotFuchs-Redaktion

Die tückische Krankheit war stärker als er – unser Freund, Genosse und unermüdliche Streiter für Frieden und soziale Gerechtigkeit, Georg Grasnick, ist nicht mehr bei uns. Wir werden seinen Rat, seine unerschöpfliche publizistische Arbeit, seinen freundschaftlichen Umgang in der politischen Arbeit mit uns sehr vermissen. Und das betrifft gewiß nicht nur uns – seine Genossen und Freunde –, sondern auch die Menschen in seinem Wohngebiet, die ihn sowohl als einen Mann des Wortes und des Rates als auch als einen der Tat kennengelernt haben.

Zu seinem Leben gehörten die Analyse und publizistische Darstellung der „großen“ Weltpolitik genauso wie die aktive Arbeit im Deutschen Friedensrat, in der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde und die ehrenamtliche Arbeit für die Volkssolidarität in seinem Wohngebiet. All das war in seiner Persönlichkeit verbunden, was er mit großer Energie und Hingabe bis ins hohe Alter betrieb.

Woher nahm er immer wieder diese Energie?

Ein Teil der Antwort liegt in seinem politischen Lebensweg – der andere in seinem ihm eigenen Charakter, geprägt von unerschütterlicher Treue zu den einmal gewonnenen politischen Überzeugungen, in seiner Fähigkeit zu intensiver wissenschaftlicher Arbeit, in seiner optimistischen Grundhaltung. Letztere bewahrte er sich auch nach den politischen Umbrüchen unserer Zeit. Immer war er progressiv streitbar um der politischen Wahrheit willen, aber auch dann, wenn es um Klarheit und Genauigkeit in der Darstellung politischer Sachverhalte ging.

Georg Grasnick, Jahrgang 1927, Sohn eines Autoschlossers in Berlin-Reinickendorf, besuchte die Volksschule. Von der Oberschulzeit, die sich anschloß, mußte er noch zwei Jahre Kriegsdienst in der faschistischen Wehrmacht leisten. Die Schrecknisse des Krieges und der daraus resultierende Wille, für ein besseres, friedliches Leben einzutreten, bestimmten seinen weiteren Weg – er wurde Mitglied der KPD und engagierte sich in der Antifa-Jugend. Es folgte eine Zeit der politischen „Kleinarbeit“, die im damaligen Berlin den Genossen viel abverlangte. Er bewies seine Fähigkeit, mit den Menschen zu reden, bei ihnen Vertrauen in eine bessere Zukunft zu entwickeln. So war es nicht von ungefähr, daß seine Genossen ihn für die Arbeit beim Berliner Rundfunk gewannen. Gewiß hat er damals noch nicht geahnt, daß er einmal – in einem sozialistischen Staat – als „Rundfunkmann“ eine wichtige Rolle bei der Aufklärung der Bürger seines Staates, der DDR, und über dessen Grenzen hinaus sowie bei der Verbreitung sozialistischen Gedankengutes spielen würde. Oft hat er davon gesprochen, daß das eine Zeit anspruchsvoller politischer Arbeit, aber für ihn auch eine wichtige Schule war. Waren doch viele seiner Kollegen ältere, in den politischen Kämpfen der Zeit erfahrene Genossen. Zielstrebig hat er deshalb auch im Fernstudium an seiner journalistischen Ausbildung gearbeitet. Er wurde Diplomjournalist und promovierte mit Auszeichnung. Gut vorstellbar, welch hohes Maß an Energie und Organisiertheit ihm dafür abverlangt wurde.

Das Hauptfeld seiner politischen Arbeit sollte allerdings – in seiner späteren Tätigkeit im Staatssekretariat für gesamtdeutsche bzw. westdeutsche Fragen (später Institut für Politik und Wirtschaft der DDR) – die Analyse der imperialistischen Politik der Regierung der BRD gegenüber der DDR werden. Er entlarvte die friedensgefährdende Rolle der BRD in Europa und stellte diese Politik in der Öffentlichkeit dar. Da waren Klarheit der Sprache und Wirksamkeit der politischen Argumentation gefragt. Eine große Zahl von Publikationen, Büchern und Broschüren tragen seinen Namen als Verfasser, und viele von ihnen haben in ihrer Aussage die Zeiten überdauert.

Schon frühzeitig – Georg Grasnick war noch „Rundfunkmann“, Chefredakteur des Deutschlandsenders – hatte man ihn in Bonn wegen „agitatorischer Sendungen im Sinne der verbotenen KPD“ im Visier. Im Mai 1963 wurde er in Solingen verhaftet, als er als Prozeßbeobachter an der Verhandlung gegen Lorenz Knorr – Mitglied des Präsidiums der DFU – teilnahm, der Generale der Bundeswehr richtigerweise in einer Rede als Nazi-Generäle und Massenmörder bezeichnet hatte. Eine internationale Protestwelle und die Androhung von Gegenmaßnahmen, die Arbeit westlicher Journalisten betreffend, von seiten der DDR erfolgten prompt. Die juristische Grundlage des Willkürakts gegen Grasnick war so dünn, daß für die Bonner Justiz eine Blamage ins Haus stand. Georg Grasnick mußte bald wieder freigelassen werden – er hatte eine ganz persönliche Bekanntschaft mit dem Bonner Rechtsstaat gemacht, wie er später oft bemerkte.

Diese Würdigung für unseren Freund und Genossen Georg Grasnick wäre unvollständig, würden nicht sein konsequentes antifaschistisches Engagement und sein Auftreten gegen jede Art von Geschichtsfälschung erwähnt. Sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrungen in den politischen Auseinandersetzungen waren gerade auf diesen Gebieten eine große Hilfe, die er ohne Wenn und Aber zur Verfügung stellte. Er hat damit die Informations- und Aufklärungsarbeit der GBM aktiv unterstützt und zahlreiche Beiträge zu brennenden politischen Themen geschrieben.

Es war ein Gewinn für die politische Arbeit, mit Georg Grasnick zusammenzuarbeiten, seine Texte zu lesen oder einfach auch ihm zuzuhören. Dafür gebühren ihm unser Dank und das Versprechen, in seinem Sinne weiterzuarbeiten.

Arbeitskreis Frieden der GBM
Helmut Semmelmann, Helga Hörning