RotFuchs 234 – Juli 2017

Protest gegen NATO-Rüstungstreffen
in Brüssel

Reiner Braun

Was für ein NATO-Gipfel! US Präsident Trump will Schulden eintreiben, die es nicht gibt, und die europäischen Regierungschefs erklären erneut, daß sie zwei Prozent des Bruttospzialprodukts für Rüstung ausgeben wollen. Eine ungeheure Aufrüstungswelle steht uns bevor, für die BRD von 37 Milliarden Euro auf 69 Milliarden jährlich, für Europa von 200 Milliarden auf weit über 300 Milliarden Euro! Das Europa der Krise, der Arbeitslosigkeit soll sinnlose Interventionen und Kriege bezahlen, die Rüstungskonzerne werden jubeln; Bildung, Wissenschaft, Gesundheit und Umweltausgaben werden gekürzt werden.

Keine neuen Atomwaffen!

Die Beteiligung der NATO am „Kampf gegen den IS“ besser: an den völkerrechts­widrigen Kriegen, wurde vereinbart. Deutschland gehört damit noch mehr zur aktiven Kriegsallianz, eines Krieges, der Terror ausübt und weiteren Terror provoziert. Ein noch brutalerer Bombenkrieg wird die Folge sein. Unschuldige Menschen sind die wesentlichen Opfer, eine erneute Stärkung des IS und verbündeter „Terrorgruppen“ steht zu befürchten. Der Krieg in und um Syrien wird angeheizt. Die gesamte Region wird noch mehr ein unbeherrschbares Pulverfaß. Diese Fortsetzung des Krieges gegen den Terror wird genauso scheitern, denn Kriege lösen keine Probleme, verstär­ken diese nur und destabilisieren ganze Gesellschaften, Länder und Regionen.

Die drei C dieses Gipfels: Cash, Capabilities, Contributions lassen sich ganz einfach übersetzen: mehr Geld für modernere Waffen, für noch mehr Kriegen, weltweit.

Investiert in den Frieden, nicht in den Krieg!

Brüssel war aber nicht nur eine Stadt der aktiven und kalten Krieger. Mehr als 12 000 Demonstranten zogen am 24. Mai in einer bunten, jungen, vielfäl­tigen, imposanten und lauten Aktion durch die Stadt. Stundenlang zog sich diese ausdrucksvolle Friedensschlange durch die Straßen Brüssels, vielfältig die Bilder, die Transparente, die Puppen und die selbstgemalten Plakate. Musikalisch und laut war die Aktion, international gestaltet. Viele Länder, viele Slogans, eine beeindruckende Atmosphäre. Überall hallte ein „Nein zur NATO!“ durch die Straßen, „Keine weitere Aufrüstung!“ war die verbindende Losung einer Demonstration von Friedens­bewegten, Globalisierungskritikern, Frauenbewegten und Umweltschützern – einer breiten Koalition des Widerstandes, die aus ganz unterschiedlichen politischen Quellen gespeist wird.

Mehr als 200 Menschen besuchten den Gegengipfel der belgischen und internatio­nalen Friedensbewegung am Donnerstag. Die Internationalität prägte die Friedens­konferenz. Diese stand ganz im Zeichen der aktuellen friedenspolitischen Herausforderungen.

In einer Atmosphäre der Solidarität und der gegenseitigen Toleranz wurden mehr Gemeinsamkeiten deutlich, als vorher zu erwarten waren:

  • Die Herausforderung der Friedensbewegung ist es, die aktuelle Aufrüstungsrunde hin zu 2 Prozent des Bruttosozialproduktes abzuwehren und reale Abrüstung durchzusetzen: Abrüstung für Entwicklung und Abrüstung für die Lösung der sozialen und globalen Herausforderung verband die Teilnehmer. Deutlich wurde eine große Bereitschaft, sich für diese Ziele noch stärker einzusetzen.
  • Der UN-Atomwaffen-Verbotsvertrag, dessen internationaler Entwurf am Montag vorgestellt wurde, muß Realität werden, atomare Abrüstung gerade gegen die atomare Aufrüstungspolitik aller Atomwaffenmächte muß durchgesetzt werden. Europa muß endlich atomwaffenfrei werden.
  • Kooperation statt Konfrontation ist sinnvoll, notwendig und möglich – das gilt zuerst und besonders mit Rußland. Jede Feindbild-Konstruktion dient nur der Kriegsvorbereitung.
  • Ein Ende der Interventionskriege (sei es in Mali oder Afghanistan oder an den vielen anderen Kriegsorten der NATO) ist die Bedingung und Voraussetzung für eine friedliche und gerechte Entwicklung der Welt.

Die NATO-Mitgliedsstaaten wollen ihre Aufrüstungs- und Kriegsbeschlüsse von Brüssel „wirkungsvoll evaluieren“ – wir werden jedes Jahr mit einer Friedens­evaluation die zivilen Alternativen gegen diese Politik aufzeigen.

Alle diese Punkte bedeuten ein klares Nein zur NATO und signalisieren, daß diese Kriegsmaschine weiter delegitimiert werden muß. Ziel muß die Überwindung der NATO sein. NATO und globaler Frieden sind nicht kompatibel – kooperative, friedliche Zusammenarbeit ist das Ziel. Diese Grundpositionen des internationalen Netzwerkes „No to War – no to NATO!“ fanden umfassende Zustimmung.

All das wird nur Realität durch eine breite, vielfältige, durchaus unterschiedliche, aber auch einheitlich handelnde internationale Friedensbewegung, die mit größeren Aktionen gesellschaftliche Zustimmung erfährt und in einem viel umfassenderen Maße wieder mobilisierungsfähig wird.

Einen Beitrag dazu zu leisten, das sahen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Gegengipfels durchaus als ihre „Hausaufgabe“ an. Die optimistische Stimmung der Demonstration und des Gegengipfels macht Mut, dieses große Ziel zu erreichen. Die nächsten Aktionen, u. a. beim G20-Gipfel in Hamburg und bei den Ramstein-Protest-Aktionen, werden nicht nur für Deutschland erste Gradmesser sein.

Reiner Braun
Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros [IPB]

Kristine Karch / Lucas Wirl
Koordinatoren des Netzwerkes No to war – No to NATO

Weitere Informationen auf www.no-to-nato.org

Fotos: Lucas Wirl