RotFuchs 218 – März 2016

BRD-Konzerne führen den Reigen
der Hellas überfallenden Privatisierer an

Raubzug in Griechenland

RotFuchs-Redaktion

In Hellas ist die Tsipras-Regierung nach einer kurzen Periode des vorgetäuschten Kragen-Hochstellens voll in die Knie gegangen. Gegen den Willen des Volkes vollzieht sie die totale Ablieferung des Volksvermögens an fremde Plünderer.

Beim ersten Verkauf lieferte Athen die 14 Regionalflughäfen des Landes den mehrheitlich bundesdeutschen Konzern Fraport aus. Das gigantische Unternehmen erhielt gegen Zahlung von 1,2 Milliarden Euro den Zuschlag für 40 Jahre mit einer Option auf ein weiteres Jahrzehnt. Insgesamt hat die Tsipras-Regierung – mit dem Messer der EU auf der Brust – Privatisierungen im Volumen von 50 Milliarden Euro vorzunehmen, wobei allein die Hälfte dieser Summe der „Rekapitalisierung“ der griechischen Pleite-Banken zugute kommen soll. Die systematische Aufhebung des hellenischen Staatseigentums wird ganz offiziell vom Trio der größten Plünderer unserer Tage – der berüchtigten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und dem von Washington aus operierenden Internationalen Währungsfonds (IWF) – „überwacht“.

Gewerkschafter der KKE-nahen PAME fordern in Athen unter roten Fahnen ein Ende des Ausverkaufs.

Fraport gehört zu den weltweit mächtigsten Lufttransport-Betreibern unserer Tage. Der Firmensitz befindet sich auf dem Flughafengelände von Frankfurt am Main. Zur Konzerngruppe gehören 500 Unternehmen mit 80 000 Beschäftigten. Ihr Umsatz betrug 2014 rund 2,4 Milliarden Euro, der Profit belief sich auf 252 Millionen Euro. Derzeit auf vier Kontinenten aktiv, betreibt Fraport u. a. Flughäfen in China, Indien und Rußland. An der Spitze des gigantischen Unternehmens steht Stefan Schulte – wie Finanzminister Wolfgang Schäuble Vorstandsmitglied des CDU-Wirtschaftsrates. Die 14 jetzt in BRD-Hände gefallenen hellenischen Flughäfen sind Aktio, Chania auf Kreta, Korfu, Kavala, Kefalonia, Kos, Mitilion, Mykonos, Rhodos, Samos, Santorini, Skiathos, Zakynthos und Thessaloniki. Dabei handelt es sich um die zweitgrößte Stadt Griechenlands.

So befindet sich nahezu der gesamte Touristikbereich des Landes unter bundesdeutscher Konzernkontrolle. Jährlich werden auf diesen Airports 19 Millionen Passagiere abgefertigt.

Um es noch konkreter zu sagen: 2014 trafen auf Rhodos etwa 1,9 Mio. und auf Korfu rund 1 Mio. Passagiere ein. Auf Thessalonikis Air Port registrierte man 1,4 Mio. Ankünfte.

Die Tatsache, daß der griechische Staat bisher aus dieser Quelle im Jahresmittel 450 Millionen Euro einnahm, zeigt, welches Schnäppchen die großdeutschen Privatisierer beim Erwerb der 14 Regionalflughäfen gemacht haben.

Theodoros Galiatsartos, der Syriza zuzuordnende Gouverneur der Ionischen Inseln, zu dessen Amtsbereich Korfu zählt, bezeichnete die Verschleuderung der Flughäfen als einen „lokalen wie nationalen Interessen widersprechenden Vorgang“. Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis verurteilte den Plan der politischen Führer der Euro-Zone, das öffentliche Vermögen Griechenlands in „eine Art Treuhandfonds“ zu überführen. Auf diese Weise sei man ja auch nach dem Fall der Berliner Mauer mit öffentlichem Eigentum Ostdeutschlands umgesprungen, was bekanntlich zu „verheerenden Auswirkungen im Beschäftigungsbereich“ geführt habe. Wie die britische Zeitschrift „The Socialist Correspondent“ ihren Lesern erläuterte, bezog sich Varoufakis damit „auf jene Treuhandanstalt, welche die Umstrukturierung und den Verkauf von über 8500 staatseigenen Unternehmen der DDR nach deren Annexion durch Westdeutschland Anfang der 90er Jahre überwacht“ habe. Äußerst gewinnträchtige Firmen seien dabei geschlossen und 2,5 der 4 Millionen in diesem Sektor Beschäftigten auf die Straße geworfen worden.

Unter der Dachzeile „Deutschland kauft Griechenland auf“ konstatierte das linksgerichtete Blatt, daß die BRD seit 2005 als der größte Investor in Hellas agiere. Einer der „lukrativsten Deals“ sei dabei der Verkauf eines zehnprozentigen Anteils an der staatseigenen und jetzt zur Privatisierung stehenden Griechischen Telekommunikationsgesellschaft (OTE) gewesen. Er habe der Deutschen Telekom im Jahr 2011 die Summe von 585 Millionen Euro eingebracht. Derzeit würden die griechischen Staatsschulden gegenüber der BRD auf die gleiche Summe geschätzt.

Als nächster Schritt zur Liquidierung des hellenischen Staatseigentums ist die Privatisierung der Häfen von Piräus und Thessaloniki vorgesehen, was bei der griechischen Arbeiterklasse, ganz besonders aber bei der kommunistisch geführten Gewerkschaftszentrale PAME, die gemeinsam mit der KKE das Spiel von Tsipras sehr früh durchschaut hatte, auf erbitterten Widerstand stößt. Um den Erwerb des größten griechischen Hafens Piräus bemühen sich derzeit die Cosco-Gruppe aus China, der dänische Terminal-Betreiber MAERSK und die auf den Philippinen angesiedelte multinationale Konzerngruppe ICT.PS. Thessalonikis Hafen soll noch in diesem Monat „abgestoßen“ werden.

Als weitere Privatisierungsobjekte bietet die Syriza-Regierung Banken, Elektrizitätswerke, die Infrastruktur beliebter Touristenzentren, Schlüsselbereiche des Verkehrswesens sowie die bereits erwähnte OTE an.

Übrigens sind innerhalb der Troika inzwischen Meinungsverschiedenheiten über den Modus des antigriechischen Raubzugs entstanden. Seit einiger Zeit treten maßgebliche Kreise des IWF für eine Umstrukturierung der griechischen Staatsschulden durch Verlängerung der Rückzahlfristen und Verringerung der Zinslast ein. Aufschlußreicherweise hat das Unabhängige Bewertungsamt (IEO), das als IWF-Zentrale zur Überwachung des Nutzens oder Schadens eigener Aktivitäten geschaffen wurde, die Feststellung getroffen, der IWF sei seiner Sorgfaltspflicht gegenüber Griechenland durch Erzwingen selbstbeschädigender Sparmodalitäten in bezug auf eine bereits schwerstens „angeschlagene Volkswirtschaft“ nicht nachgekommen. Diese Zweifel stoßen – wie nicht anders zu erwarten – auf den erbitterten Widerstand der beiden anderen Partner des „Dreierbundes“.

Am 18. Juli 2015 hob BRD-Finanzminister Schäuble in einem „Spiegel“-Interview die besondere Rolle der BRD innerhalb der EU hervor. Der Erlaß von Schulden sei im Rahmen der Währungsunion unmöglich. Das ließen die abgeschlossenen Verträge nicht zu.

Das griechische Volk muß für die Fallstricke in der Verfassung der Europäischen Union einen hohen und bitteren Preis zahlen.

RF, gestützt auf „The Socialist Correspondent“, London