RotFuchs 213 – Oktober 2015

Das Pentagon stand den Hitlerfaschisten
in seiner Kriegführung nicht nach

Sprengkraft von 750 Hiroshima-Bomben traf Vietnam

Jürgen Förster

Inzwischen weiß jeder, daß der angebliche „Zwischenfall im Golf von Tongking“ eine amerikanische Variante des „Überfalls auf den Reichssender Gleiwitz“ gewesen ist, mit dem sich Hitler einen Vorwand für den Angriff auf Polen schuf. Die Behauptung, die ersten massiven Luftschläge der U.S. Air Force gegen Nordvietnam seien die Antwort auf den Angriff von DRV-Torpedobooten auf zwei USA-Zerstörer gewesen, wurde später vom Kapitän der „Maddox“ vor einem Untersuchungsausschuß des US-Kongresses als „frei erfunden“ eingestanden. Dieser angebliche Zwischenfall löste den Krieg der USA gegen Nordvietnam aus und kostete anderthalb Millionen Menschen des südostasiatischen Landes – als Ganzheit betrachtet – das Leben.

Damals gab man in Washington die Parole aus: „Nur ein toter Vietnamese ist ein guter Vietnamese.“ Die Aggressoren schreckten vor keiner Grausamkeit zurück. So wurde schwangeren Frauen mit schweren Stiefeln in den Leib getreten, so daß sie ihre ungeborenen Kinder verloren.

Grafik: Arno Fleischer

Mit K. Barton Osborn schilderte seinerzeit ein besonders eingeweihter Kriegsbeteiligter auf Seiten der USA in der außenpolitischen DDR-Wochenzeitung „horizont“ Einzelheiten der extremen Brutalität der Kriegführung gegen die vietnamesische Zivilbevölkerung. Osborn war 15 Monate Agentenführer für das PHOENIX-Programm in Da Nang und weitere 15 Monate als PHOENIX-Konsultant in der CIA-Zentrale Langley bei Washington. Auch im Kriegsgebiet befand er sich über einen langen Zeitraum „vor Ort“. Auf Grund des dort Erlebten beendete er seine Geheimdienstkarriere. „Die unglaublichen Dinge, die ich in Vietnam sah, ließen mich zweifeln, daß das grausame Vorgehen Amerikas im PHOENIX-Programm so etwas wie ein bloßer Fehler war. Ich konnte feststellen, daß das Politik war, Politik von ganz oben“, erklärte er vor der Presse.

„Jeder bekam die Auflage, eine bestimmte Anzahl Leichen zu bringen. Es gab Feuer- frei-Zonen, in denen besonders schlimme Massaker stattfanden, darunter das von My Lai“, berichtete Osborn. „Eine B-Einheit der Army zog nach My Lai und brachte alles um: Frauen, Kinder, alte Menschen – alles Lebende, was da war. Die weit gezogenen Feindgrenzen dieser Kategorie machten es möglich, jeden, der nur wie ein Asiat aussah, als Gegner zu betrachten. Die Tötungsquoten waren allein durch die Einbeziehung solcher Leute zu schaffen. … Um die im Rahmen des PHOENIX-Programms gesetzten ,Anforderungen‘ erfüllen zu können, wurden Schwerstkriminelle wie Mörder und dergleichen amnestiert. Daraus bildete man Sechs-Mann-Teams, die in Distrikte und Dörfer zogen. Sie griffen sich dort die zu Vietcong Erklärten heraus und brachten sie um. Danach hatten sie ein Ohr oder einen Finger jedes Ermordeten mitzubringen und ihren US-Beratern vorzulegen.“

Osborn schilderte einige der in Vietnam angewandten Foltermethoden: Speziell in Da Nang habe ein Team der Abwehr der Marineinfanterie die Methode angewandt, kleine Pflöcke in Form eines Bleistifts direkt in den Gehörgang eines Betroffenen zu stecken und im Laufe der „Befragung“ immer weiter ins Ohr zu treiben, bis das Foltergerät ins Gehirn eingedrungen und das Opfer gestorben sei. „Die Koordinaten der ermittelten Dörfer, in denen man Vietcong vermutete, wurden sehr oft von der Luftwaffe als Anhaltspunkt für ihre B-52-Bomber aufgegriffen. Die brauchten Ziele gleich welcher Art. Wenn sie nämlich keines gefunden hatten, mußten sie ihre Bomben auf dem Rückflug über dem Ozean abwerfen. So nahmen sie die Koordinaten ziviler Dörfer als Air-Force-Ziele. Die wurden dann sehr oft regelrecht umgepflügt“, erklärte Osborn.

Wie aber reagierten die Hauptverbündeten der USA – besonders Großbritannien und die BRD – auf das Geschehen in Indochina?

„Die Operationen und insbesondere der Nachschub zur Unterstützung der Flächenbombardements sind … im Europa-Hauptquartier der U.S. Army in Heidelberg koordiniert worden. Dort gab es sonst ungenutzte Computer, die errechneten, wie viele Bomben, Flugzeuge und Menschen man brauchte, um diesen Krieg fortzusetzen“, berichtete Osborn.

„Ich bin ursprünglich mal für den Geheimdienst ausgewählt worden, weil ich etwas deutsch spreche. Ich sollte über die Elbe hinweg infiltrieren und war dafür vorgesehen, in der DDR für Unruhe zu sorgen. Bei jeder Operation sollten auf dem Zielgebiet ,schlafende Agenten‘ zurückgelassen werden, um die normale Entwicklung zu stören. Doch was wurde aus mir? Statt dessen überquerten wir die Flüsse Asiens.“

Zu Jahresbeginn 1983 fand in Westberlin eine internationale Konferenz zur Verantwortung der Wissenschaftler für den Frieden statt. Dort berichtete der BRD-Mediziner Dr. Karl-R. Fabig über die Ergebnisse eines Symposiums in Ho-Chi-Minh-Stadt, das sich mit den Folgen der chemischen Kriegführung der USA in Indochina befaßte. „Der Vietnamkrieg muß wegen seines totalen Charakters als der verheerendste seit dem 2. Weltkrieg angesehen werden. Charakteristisch für die US-Kriegführung waren eine computerhafte Tötungstechnologie und die Erprobung neuester Waffen in riesigen Feldversuchen. Die USA überzogen Vietnam mit einer Bombenlast, die der Sprengkraft von 750 Hiroshima-Atombomben entspricht. Ein weiteres Charakteristikum war der massive Einsatz von chemischen Kampfstoffen gegen Land und Leute. Nach eigenen Angaben versprühten die USA zwischen 1961 und 1971 etwa 72 Mio. Liter oder 90 000 t chemische Kampfstoffe über dem Süden Vietnams. Mit dem Herbizid Agent Orange entlaubten sie etwa 44 % des tropischen Regenwaldes und zerstörten 60 % der Kautschukplantagen. Mit 8 Mio. Liter Agent Blue, einer Arsensäure, wurden 400 000 ha Agrarland, vor allem Reis, besprüht.

Nachdem sich die USA der Aussichtslosigkeit ihres barbarischen Krieges bewußt wurden, mußten sie sich im April 1975 als Verlierer aus Indochina zurückziehen. Der damalige US- Außenminister Henry Kissinger aber erhielt in „Anerkennung“ seiner „Bemühungen“ den Friedensnobelpreis. Was für ein Hohn!