RotFuchs 236 – September 2017

Stimmen aus aller Welt über die DDR

RotFuchs-Redaktion

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR, existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandspresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint.

Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen veröffentlichen wir hier einige dieser Äußerungen – Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt – und für uns – war.

Jalila Hafsia

Jalila Hafsia, *1927

Leiterin des staatlichen Kulturzentrums
in der Altstadt von Tunis, Tunesien

Wie ich die DDR entdeckt habe? Vielleicht ähnlich wie ein Geologe, der sich in der Erdrinde eine Schicht nach der anderen erschließt. Ich hatte das Glück, ausschwärmen zu können auf dem Boden dieses Landes, und bei jedem Erkundungsgang erschien mir das Land in einem neuen Licht.

Was mich immer wieder aufs neue frappiert hat, ist die Arbeitsfähigkeit eines ganzen Volkes. Man kann sie wahrnehmen, diese Arbeitsfähigkeit, an allen Ecken und Enden. Männer und Frauen, Ältere und Jüngere – alle arbeiten. Und dabei spürt man so eine Art Befriedigung, die mich einfach überwältigt hat. Es ist ein Elan vorhanden, der seine natürlichen Wurzeln haben muß. Und mit diesem Elan sind die Menschen tätig, heute und morgen und übermorgen, und ihr Leben pulsiert. Und dieses pulsierende Leben hat bei mir einen sehr zukunftsträchtigen Eindruck hinterlassen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn die Menschen auf Grund dessen, was sie leisten, stolz oder gar hochmütig aufgetreten wären. Aber das war eine weitere Entdeckung: Sie neigen eher zur Bescheidenheit. Sie kommen einem mit einer gewissen inneren Würde ent­gegen, aber diese Würde hat nichts Aufdringliches an sich. Man spürt Warmherzigkeit und viel innere Anteilnahme im Verhältnis zum eigenen Land.

Ich habe auch den Thüringer Wald in seinem nuancenreichen Grün schimmern sehen, und ich habe im Bezirk Suhl die Arbeiterfestspiele erlebt – jenes Fest der Volkskunst, bei dem erkennbar wird, auf welch vielfältige Art Kreativität geweckt werden kann in allen Schichten der Bevölkerung. Daß die Volkskunstschaffenden der DDR sich alle zwei Jahre in einem anderen Bezirk treffen und daß bei diesem Treffen nicht nur die jeweilige Bezirksstadt, sondern auch alle kleineren Städte und auch die Dörfer zum Festspielterrain werden, das halte ich für sehr interessant.

Und ich habe Weimar gesehen, den Quell wunderbaren Reichtums, der eingeflossen ist in die Menschheitskultur. Ja, und dann, am Rande von Weimar – es war, als stürze man nach einem Wandel durchs Paradies in einen Abgrund: dann dieses Buchenwald! Diese Stätte des Grauens, die auch ein Zeugnis ist der deutschen Geschichte.

Daß meine Gastgeber um dieses Buchenwald nicht herumgefahren sind, daß sie vor dem, was da gewesen ist, die Augen nicht verschließen, daß sie auf kritische Weise sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen – auch das gehört zu meinen Entde­ckungen in der DDR.

Ahti Pekkala

Ahti Pekkala (1924–2014)

Präsident des finnischen Reichstages
Vorstandsmitglied der Gesellschaft
Finnland–DDR

Es bestehen gute Beziehungen zwischen Finnland und der DDR, und sie werden von wachsender Zusammenarbeit in vielen Lebensbereichen geprägt. Das ist selbstver­ständlich, weil es um Nachbarländer geht, die ja durch die Ostsee verbunden werden. Die positive Entwicklung ist auch deshalb selbstverständlich, weil unsere Länder friedliche Außenpolitik treiben, die vom allgemeinen Bestreben nach Entspannung und Völkerfreundschaft geprägt ist.

Das Hauptverdienst in diesem Streben und bei den erreichten Ergebnissen hat die offizielle Außenpolitik unserer Länder, aber auch die Arbeit, die zahlreiche gesell­schaftliche Organisationen für die weitere Vertiefung und Erweiterung der Bezie­hungen leisten, muß man hoch einschätzen.

Einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung guter Beziehungen zwischen unseren Ländern hat die Gesellschaft Finnland–DDR geleistet. Sie wurde am 30. Mai 1956 mit dem Ziel gegründet, die durch Faschismus und den zweiten Weltkrieg abgebrochenen Beziehungen zur humanistischen deutschen Kulturtradition wiederherzustellen und für freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem neuen deutschen Staat einzutreten.

Die über 20jährige Geschichte der Gesellschaft Finnland–DDR kennt aktive und viel­seitige Tätigkeit auf vielen Gebieten. Das Hauptgewicht der Arbeit lag in den ersten Jahren auf dem kulturellen Austausch, der bis heute als eine der wichtigsten Arbeits­formen beibehalten wurde. Vor einigen Jahren wurde das Abkommen über die kultu­relle Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern abgeschlossen. Schon in den frühe­ren Jahren sind Städtepartnerschaften entstanden, wobei Mämeenlinna und Weimar die Bahnbrecher waren. Es wurden Konzertbesuche, Ausstellungen, Schülerreisen, verschiedene Spezialistendelegationen, Touristenreisen der Gesellschaftsmitglieder organisiert, in deren Rahmen man die Kultur, die touristischen Sehenswürdigkeiten, das Wirtschaftsleben kennenlernen und persönliche Freundschaftsbeziehungen knüpfen konnte. Von Bedeutung sind auch die regelmäßigen Treffen zwischen den leitenden Persönlichkeiten der Gesellschaft Finnland–DDR und der Liga für Völker­freundschaft der DDR, bei denen weitere Schritte zur Entwicklung der Zusammen­arbeit beschlossen wurden.

Eine der wichtigsten Perioden in der Arbeit der Gesellschaft Finnland–DDR begann 1968, da die internationale Bewegung für die Anerkennung der DDR entstand. Dem finnischen Komitee schlossen sich viele Organisationen und Einzelpersonen an, und die Mitgliederzahl überschritt bald die Millionengrenze. Am 8. Dezember 1972 wurden zwischen unseren Ländern diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Im Mai 1976 würdigte der Präsident der Republik Finnland in seinem Grußschreiben zum 20. Jahrestag der Gründung der Gesellschaft Finnland–DDR unsere Arbeit und sagte unter anderem: „Die traditionell guten Beziehungen zwischen Finnland und der DDR haben sich auf der Grundlage des im Jahre 1972 unterzeichneten Abkommens über die Regelung der Beziehungen während der letzten Jahre rasch erweitert. Diese positive Entwicklung hat ihren Ausdruck in zahlreichen wichtigen staatlichen Verein­barungen, in der Erweiterung und Vervielfältigung des Handels und der ökonomi­schen Zusammenarbeit sowie in der Zunahme des Kulturaustausches gehabt. Die Wechselbeziehungen zwischen Finnland und der DDR sind meines Erachtens ein hervorragendes Beispiel der gegenseitig nützlichen Zusammenarbeit zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und der Verwirklichung jener Prinzipien in der Praxis, die in der Schlußakte der Konferenz für Sicherheit und Zu­sammenarbeit in Europa vereinbart wurden. Ich glaube, daß wir auf dieser festen Grundlage gute Möglichkeiten haben, die Beziehungen zwischen unseren Ländern zu erweitern und zu vertiefen.“

Einer der wichtigsten Meilensteine in den Beziehungen zwischen Finnland und der DDR war der Besuch des Staatspräsidenten Urho Kekkonen in der DDR im September 1977 auf Einladung des Staatsoberhauptes der DDR, Erich Honecker. Der Besuch ver­lief in einer sehr positiven Atmosphäre, und während des Besuches konnten viele Prinzipien vereinbart werden, die sich auf die Erweiterung der kommerziellen wie der kulturellen Zusammenarbeit richten.