RotFuchs 236 – September 2017

UN beschließen historisches Abkommen

Xanthe Hall

122 Staaten haben am 7. Juli bei den Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen verabschiedet (siehe RF 235, Seite 3). Nach Jahrzehn­ten stockender Abrüstung senden sie eine klare Botschaft an die Atomwaffenstaa­ten: Die internationale Staatengemeinschaft akzeptiert den bisherigen Sondersta­tus der Atommächte nicht länger. Das völkerrechtlich verbindliche Abkommen ver­bietet neben der Herstellung, dem Einsatz und Besitz auch die Drohung mit einem Nuklearschlag sowie die Stationierung von Atomwaffen in anderen Staaten.

IPPNW

Mit dem Atomwaffenverbotsvertrag werden Atomwaffen weltweit stigmatisiert und delegitimiert. Aus der Präambel des Vertrags ist zu entnehmen, daß die katastrophalen Folgen eines Einsatzes und die Risiken, die die schlichte Existenz der Atomwaffen mit sich bringen, ein Verbot von Atomwaffen rechtfertigen. Der Vertrag verbietet unter jeg­lichen Umständen den Einsatz von Atomwaffen. Auch die Drohung mit Atomwaffen wird untersagt, was bedeutet, daß auch die nukleare Abschreckung unter das Verbot fällt.

Der Vertrag verbietet allen Staaten, die ihn unterzeichnen, die Entwicklung und Her­stellung oder den anderweitigen Erwerb von Atomwaffen. Es folgt zudem logischer­weise ein Verbot des Besitzes und der Lagerung von Atomwaffen.

Auch Hilfeleistung zu diesen Aktivitäten ist Staaten untersagt. Darunter fällt bei­spiels­weise die nukleare Teilhabe der NATO, in deren Rahmen die US-Atomwaffen in fünf europäischen Ländern gelagert sind. Ziel der Verhandlungen – laut Mandat der Resolution der UN-Vollversammlung – war neben dem Verbot von Atomwaffen auch ein Vertragswerk, das zur Eliminierung von Atomwaffen beitragen kann. Der Vertrags­text orientiert sich nun an anderen Verträgen, die Massenvernichtungswaffen ächten, wie die Konventionen zu chemischen und biologischen Waffen, sowie dem Anti-Personenminenvertrag und dem Streumunitionsvertrag. Ein Atomwaffenstaat, der plant, dem Vertrag beizutreten, muß alle Informationen über seinen Atomwaffen­bestand offenlegen, seine Atomwaffen außer Betrieb nehmen und einen Plan vor­legen, wie sie zerstört werden.

Für die Staaten, die momentan im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen lagern und Infrastruktur sowie Trägersysteme zur Verfügung stellen, gibt es explizit einen Weg zum Beitritt, in dem sie zuerst und innerhalb einer bestimmten Zeit den Abzug der Atomwaffen veranlassen. Der Vertrag muß sich zunächst im internationalen Völkerrecht etablieren und argumentativ angewendet werden. Dies wird sicherlich im Rahmen der Konferenzen zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags geschehen. Mit dem Vertragswerk haben die atomwaffenfreien Staaten jetzt ein Mittel, mehr Druck auf die Atomwaffenstaaten in bezug auf ihre Abrüstungsverpflichtung auszu­üben.

Auch die Zivilgesellschaft kann den Vertrag nutzen und fordern, daß die Atomwaffen­staaten und ihre Bündnispartner sich nicht nur auf schwache Argumente wie „Real­politik“ stützen. Sie sind nun politisch verpflichtet, sich mit dem Atomwaffenverbot auseinanderzusetzen. Künftige Regierungen und Parlamente werden immer wieder prüfen müssen, ob sie nicht doch mit der Mehrheit der Staaten einig werden und Atomwaffen ein für alle Male abschaffen wollen.

Xanthe Hall und Birte Vogel

IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs)