RotFuchs 199 – August 2014

Bekennermut eines aufrechten Theologen

Bruni Steiniger

Es hat viele getroffen. Allein in akademischen Bereichen waren es mehr als eine Million Menschen, die in den Jahren 1989/90 ihre Tätigkeit verloren. Einer von ihnen war Prof. Dr. Heinrich Fink – Dekan der Theologischen Fakultät und 1990 zum Rektor der Berliner Humboldt-Universität gewählt –, den man auf Grund unhaltbarer Denunziationen aus seinem Amt drängte.

Nur 18 Monate währte sein engagierter Einsatz für die Sicherung der Zukunft der renommierten Bildungsstätte. Unter den Studenten und Lehrkräften traf sein Konzept „Erneuerung aus eigener Kraft“ auf lebhafte Resonanz. Von Tag zu Tag wuchs die Anhängerschaft seines Planes, der mit der Hoffnung verbunden war, „Demokratie in Aktion“ auf Dauer praktizieren zu können. Doch dieser als Selbsterneuerung angestrebte Prozeß führte geradewegs in sein Gegenteil, denn das Wollen der Akteure an der Humboldt-Universität war nicht der Wille der Machthaber im Berliner Senat. Von diesem eingesetzte sogenannte Neugründungsdekane übernahmen die Aufgabe, die „ideologisch verseuchte“ Hochschule „von Grund auf reinezumachen“. Ein von besonderem Eifer Getriebener war der für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften eingeflogene ehemalige Generalstabsoffizier der Waffen-SS Wilhelm Krelle, der verkündete: „Kein Marxist wird seinen Fuß über die Schwelle dieses Hauses setzen, solange ich hier das Sagen habe.“ Mit der Bezichtigung, er sei Informeller Mitarbeiter der Staatssicherheit gewesen, begann im Rahmen dieser „reaktivierten Inquisition“ die Jagd auch auf den Rektor selbst. Doch das mutige Auftreten und Handeln Heinrich Finks sowie die ihm vielfach erwiesene Solidarität bewirkten, daß sich die gegen den „Delinquenten“ geschwungene „Stasi-Keule“ als Bumerang erwies. Dennoch endete Heinrich Finks Amtszeit als Rektor am 21. Januar 1992.

Seine Erinnerungen an diese hochdramatische Zeit schildert er in dem 2013 erschienenen und mit zahlreichen Fotos illustrierten Buch „Wie die Humboldt-Universität gewendet wurde“. Man mag meinen, was da niedergeschrieben wurde, liege fast 25 Jahre zurück, sei Geschichte. Dem Leser wird jedoch einmal mehr bewußt: Die vom Autor beschriebenen Vorgänge sind hochaktuell, der ungleiche Kampf zwischen „oben und unten“ hält bis heute an und fordert die eigene Positionierung heraus.

In dem ins Detail gehenden und damit viele der Beteiligten auf beiden Seiten mit Namen erfassenden Bericht über eine anderthalbjährige Universitätsgeschichte ist die persönliche Betroffenheit Heinrich Finks zu spüren, wird sein bis an die Grenze eigener Kraft gehender Einsatz für die Interessen von Studenten sowie „seiner“ Lehr- und Studieneinrichtung erfahrbar.

Mit der von christlichen und humanistischen Werten geprägten Persönlichkeit Heinrich Finks stand dem von Arroganz strotzenden, dummdreisten Vorgehen der „neuen Eliten“ ein Mann gegenüber, dessen Mut und Würde bei einer ganzen Studentengeneration und vielen Lehrkräften den Willen und die Bereitschaft zu Protest und öffentlicher Aktion gestärkt haben. Mahnwachen, Petitionen, Warnstreiks, Studentenaktionen, eine vom Rektor eingereichte Verwaltungsklage gegen die „Abwicklung“ sind nur Stichworte, die zur Chronik von Sieg und Niederlage eines noch heute bedeutungsvollen Prozesses organisierter Gegenwehr gehören.

Heinrich Fink:

Wie die Humboldt-Universität gewendet wurde

Verlag Ossietzky, Hannover 2013, 126 Seiten
ISBN 978-3-9808137-0-9

12,50 Euro