RotFuchs 199 – August 2014

Westliche Stimmen zum Machtwechsel in der Ukraine

Ein durch die NATO inspirierter Putsch

RotFuchs-Redaktion

„Es war ein durch die Vereinigten Staaten angezettelter ukrainischer Putsch“, überschrieb der US-Friedensrat eine am 25. April der Öffentlichkeit übergebene Erklärung. Sie wurde in der australischen Zeitschrift „the Beacon“ – dem Monatsblatt der Melbourner Unitarian Peace Memorial Church – abgedruckt und redaktionell kommentiert. „Das US-Establishment gibt einmal mehr einen gewalttätigen Staatsstreich als demokratischen Aufstand aus“, heißt es in dem Dokument. „Die Regierungen der NATO-Staaten und deren Medien zeigen mit Fingern auf Rußland, während die eigentliche Provokation verschleiert wird.“

„Das Washingtoner State Department hat keineswegs nur Kekse an einige auf dem Maidan Protestierende verteilt, sondern auch gleich den Austausch der kompletten Regierung vorgenommen.“ Die USA hätten fünf Milliarden Dollar lockergemacht, um der Ukraine Demokratie zu bescheren.

Der US-Friedensrat ruft unwiderlegbare Tatsachen ins Gedächtnis: „Wir sollten nicht vergessen, wie regierungsfeindliche Proteste in anderen Ländern durch die CIA angezettelt oder für dubiose Zwecke ausgenutzt wurden. Das CIA-Drehbuch ist unendlich viele Male wiederholt worden: von Iran (1953) über Chile (1973), Haiti (1991 und 2004), Jugoslawien (in den 90er Jahren) bis zu Honduras (2009), Libyen, Ägypten, Syrien und Venezuela, um nur einige Länder zu nennen. Immer kam es zum Sturz von Regierungen.“

Weiter heißt es: „Auch im Falle der Ukraine sollten wir das Ziel des Putsches nicht verkennen.“ Den monopolkapitalistischen Kreisen gehe es in erster Linie darum, der Ukraine die nationale Souveränität zu entreißen, ihre Ressourcen wie ihre Industrie durch totale Privatisierung zu stehlen und die Gewerkschaften wie die Zivilgesellschaft an die Kette zu legen.

Auch die in Glasgow erscheinende Zeitschrift „The Socialist Correspondent“ analysierte die Machtübernahme faschistisch-proimperialistischer Kräfte in der Ukraine.

„Obwohl Janukowitschs korrupte Regierung unpopulär war, wurde sie immerhin demokratisch gewählt, und niemand hat 2010, als das geschah, diese Tatsache in Zweifel gezogen“, konstatierte das angesehene Blatt britischer Marxisten. Seitdem diese Regierung aus dem Amt vertrieben worden sei, bestehe das Regime der Ukraine aus rechtsgerichteten und neonazistischen Parteien. Sehe man von Spanien, Portugal und Griechenland ab, dann markiere diese Tatsache die erstmalige Regierungsübernahme durch offene Faschisten im Nachkriegseuropa. Während sich bei den Protesten in Kiew der aus Kreisen neuer Nazis formierte Rechte Sektor als führende Kraft erwiesen habe, seien in Windeseile 60 000 Mann umfassende paramilitärische Faschisten-Verbände der sogenannten Nationalgarde aufgestellt und zum Amoklauf in die Ostukraine entsandt worden.

„Regierungschef“ Jazenjuk, der bereits Außen- und Wirtschaftsminister war, betrachte sich angesichts der durch ihn in Aussicht gestellten „Sparmaßnahmen“ selbst als „den unpopulärsten Ministerpräsidenten in der ganzen Geschichte des Landes“. Wie „demokratisch“ die neue Herrschaft sei, illustriere allein die Tatsache, daß gleich drei Präsident Poroschenko im Geldwert ebenbürtige milliardenschwere Oligarchen – die kriminellen Räuber des einstigen Volkseigentums der Sowjetukraine – als Gouverneure in Charkow, Dnipropetrowsk und im Donbass eingesetzt worden seien.

„The Socialist Correspondent“ verdeutlichte das ganze Maß der Verstrickung westlicher Mächte in die Auslösung der Ukraine-Krise. Schon sehr früh hätten der polnische, der litauische und der holländische Botschafter an den regierungsfeindlichen Demonstrationen teilgenommen. Auch ranghohe Staatsmänner und Diplomaten der USA und anderer NATO-Mächte – darunter der BRD – seien eigens zu Einmischungszwecken nach Kiew gereist. Nicht weniger als 2200 sogenannte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – oft mit Geheimdiensthintergrund – hätten an der „Operation Ukraine“ mitgewirkt. Während Victoria Nuland, Unterstaatssekretärin im U.S. State Department für europäische und asiatische Angelegenheiten, vor dem Putsch zumindest vier Reisen nach Kiew unternommen habe und wissen ließ, seit 1990 seien durch Washington fünf Milliarden Dollar „in die Ukraine gesteckt“ worden, durfte auch US-Außenminister John Kerry nicht fehlen. Unverdrossen reihte er sich unter die „Maidan-Aktivisten“ ein und forderte sie zum Sturz der gewählten Regierung eines Staates auf, mit dem die USA diplomatische Beziehungen unterhalten. „The Socialist Correspondent“ bezeichnete das als Hohn auf das Völkerrecht. Die Zeitschrift rief auch den Part der BRD ins Gedächtnis: „Deutschland spielte die Schlüsselrolle beim Aufbrechen Jugoslawiens, womit es sein einstiges Kriegsziel, den Balkan zu kontrollieren, verwirklichen konnte. Auch die Ukraine ist ja im historischen Sinne ein Opfer des deutschen Imperialismus. Der Vertrag von Brest-Litowsk zwang 1918 die Bolschewiki, auf die Ukraine des Friedens willen zu verzichten. 1941 rissen sie dann die Nazis mit Gewalt an sich.“

Rußland wünsche sich eine neutrale Ukraine außerhalb der NATO, resümiert das Glasgower Blatt. Obwohl kein sozialistisches Land mehr, habe es indes seine Fähigkeit bewiesen, der Expansion des Westens Einhalt zu gebieten. Dabei sei Moskau keineswegs isoliert. So hätten sich in der UNO-Vollversammlung bei der Abstimmung über das Krimreferendum nicht weniger als 69 Staaten der Stimme enthalten oder für die russische Position votiert. Stimmabstinenz übten z. B. China, Brasilien, Indien und Südafrika – allesamt Mitglieder der sogenannten BRICS-Gruppe.

„Die Erosion der unipolaren Weltordnung seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich durch die Ukraine-Krise beschleunigt, während Rußland als aufsteigende Großmacht neues Selbstvertrauen gewinnt. Es ist nicht gewillt, der 20jährigen NATO-Ausdehnung auf seine Kosten weiterhin keinen Widerstand entgegenzusetzen.

RF, gestützt auf „the Beacon“, Melbourne, und „The Socialist Correspondent“, Glasgow