RotFuchs 193 – Februar 2014

Wilhelm Bahnik ging für Spaniens Freiheit in den Tod

Ein Held der Interbrigaden

Günter Freyer

Das Leben des Helden dieser Geschichte hatte am 15. Mai 1900 in Gnesen, einer Kleinstadt in Pommern, begonnen. Dort wuchs der Sohn des Eisenbahnarbeiters Friedrich und der Köchin Wilhelmine Bahnik auf, besuchte die Volksschule und begann die Ausbildung an einer Handelsschule. Beenden durfte er sie nicht, denn der Kaiser schickte den 17jährigen in den 1. Weltkrieg, den er unversehrt überlebte.

1919 zog die Familie nach Magdeburg, weil sich der Vater in der großen Industriestadt an der Elbe ein besseres Leben erhoffte. Diese war damals eine Hochburg der Sozialdemokratie, so daß Wilhelm, der bei einer Versicherungsfirma arbeitete, die Bekanntschaft von Mitgliedern der SPD machte. Noch völlig unbeleckt, begann er sich für Politik zu interessieren. 1921 trat er der SPD bei. Doch bald schon begriff er, wer die Revolution von 1918/19, die darauf folgenden Arbeiteraufstände in München, im Ruhrgebiet und in Mitteldeutschland mit Waffengewalt blutig niedergeschlagen hatte. Maßlos enttäuscht und desillusioniert verließ er die SPD nach nur zweijähriger Mitgliedschaft und wurde Kommunist. Dafür nahm er in Kauf, daß ihn seine Firma fristlos entließ. Die Magdeburger Kapitalisten setzten ihn auf die schwarze Liste. In den folgenden Jahren mußte er Gelegenheitsarbeiten in der Industrie, bei der Reichsbahn, in der Hafenwirtschaft und zuletzt in einer Druckerei leisten.

Um so mehr engagierte sich Wilhelm Bahnik für die KPD, zuerst als deren politischer Leiter in der Neuen Neustadt, dann in der Bezirksleitung Magdeburg-Anhalt. Besonders interessierte er sich für Militärpolitik. Schon die ersten Jahre der Weimarer Republik hatten gezeigt, daß Reichswehr, Sicherheits-, Schutz- und Geheimpolizei vom bürgerlich-sozialdemokratischen Staat rücksichtslos gegen das Volk eingesetzt wurden. Bahnik studierte aufmerksam die dazu von der Partei herausgegebenen Materialien, vor allem die militärpolitische Zeitschrift „Oktober“. Zugleich arbeitete er eng mit Ernst Schneller, dem Vorsitzenden des Ständigen Militärischen Rates bei der Zentrale der KPD, zusammen. Mit seinen Genossen der Bezirksleitung druckte er in Magdeburg und Dessau illegale Schriften, welche sie in Dienststellen und Unterkünfte schleusten. Sie suchten das Gespräch mit Soldaten und Polizisten, prangerten Mißstände und Mißhandlungen in den Einheiten an.

Da das die Machthaber in Rage versetzte, nahmen sie Wilhelm Bahnik für zehn Monate in Untersuchungshaft, bis ihn das in Leipzig angesiedelte Reichsgericht am 3. April 1928 zu 2 Jahren und 9 Monaten Zuchthaus verurteilte. Er trat die Haft in Gollnow/Pommern – dem größten Zuchthaus der Weimarer Republik für politische Gefangene – an, mußte seine Strafe jedoch nicht bis zum Ende absitzen, weil es der KPD und der Roten Hilfe gelang, ihn und weitere Genossen freizukämpfen. So konnte er seine Arbeit fortsetzen und mit seiner Frau Charlotte eine Familie gründen.

Der Herbst 1930 veränderte sein Leben erneut. Die Partei schickte den Dreißigjährigen zum Studium an eine militärpolitische Schule nach Moskau. Danach blieb er nur noch kurze Zeit in Magdeburg, weil ihm die KPD eine leitende Funktion in der Abteilung Militärpolitik des Zentralkomitees übertrug. Unter den Parteinamen „Theo“, „Martin“ und „Ewald“ arbeitete er im Ruhrgebiet, an der Saar und in seinem ehemaligen Bezirk Anhalt. Als die Faschisten an die Macht kamen, brachte er Frau und Sohn über die ČSR auf sowjetisches Territorium in Sicherheit. Er selbst blieb als Weinhändler getarnt in Berlin, wo er mit den Genossinnen Luise Kraushaar und Leni Berner die illegale Arbeit fortsetzte. Schließlich ging auch er auf Parteibeschluß gerade noch rechtzeitig nach Moskau, bevor ihn die Nazijustiz 1936 in Abwesenheit zum Tode verurteilte.

Nach Absolvierung eines Lehrgangs an der Sonderschule der Moskauer Militärakademie in Rjasan traf Wilhelm Bahnik am 15. Oktober 1936 im spanischen Albacete ein. Dort befand sich die Basis der Internationalen Brigaden, wo der politisch und militärisch ausgebildete deutsche Antifaschist dringend gebraucht wurde. Unter dem Pseudonym „Fernando“ übernahm er die Aufgabe, die deutschen Freiwilligen auf deren politische und militärische Eignung zu prüfen, um sie entsprechenden Einheiten zuzuführen und auf den Fronteinsatz vorzubereiten. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Aufstellung der ersten Bataillone der Internationalen Brigaden beteiligt. Die Leitung der Basis übertrug ihm auch den Aufbau der Spionageabwehr.

Im Herbst 1937 entsprach man dem langgehegten Wunsch Wilhelm Bahniks, selbst an die Front zu gehen und gegen die Faschisten zu kämpfen. Er wurde zunächst der Maschinengewehr-Kompanie des Bataillons „Edgar André“ der XI. Internationalen Brigade zugeteilt. In den Winterkämpfen 1938 bei Teruel versetzte man ihn zum Stab. Als seine Einheit im März bei Belchite den Rückzug der spanisch-republikanischen Truppen sicherte, wurde Wilhelm Bahnik schwer verwundet.

Drei Tage schleppte ihn der kleine Trupp über die Berge Aragoniens. Mehrere Male hatte Bahnik darum gebeten, ihn zurückzulassen. Seine Genossen sollten sich zu den eigenen Linien durchschlagen und den Kampf fortsetzen. Dann aber waren die Verfolger so nahe herangerückt, daß sie alle in Gefahr gerieten, den Franco-Faschisten in die Hände zu fallen. Nun bat er nicht mehr, jetzt gab er Befehl. Noch zögernd und schweren Herzens verabschiedeten sich die Kämpfer mit einem letzten „Rot Front!“ Sie hörten den Schuß. So endete am 12. März 1938 das Leben des Kommunisten und Interbrigadisten Wilhelm Bahnik.