RotFuchs 186 – Juli 2013

Eine Bluttat im Hafen von Havanna

RotFuchs-Redaktion

Am 4. März 1960 erschütterte eine gewaltige Explosion den Hafen Havannas. Der französische Frachter „La Coubre“ wurde zum Ziel eines terroristischen Anschlags. 101 Menschen starben. Das Attentat galt der siegreichen kubanischen Revolution, deren bewaffnete Formationen erst gut ein Jahr zuvor in der Hauptstadt des karibischen Inselstaates Einzug gehalten hatten.

Bei der Detonationswelle auf der „Coubre“ waren 1492 Kisten mit Granaten und Handfeuerwaffenmunition in die Luft geflogen. Neben der ein Jahr später – im April 1961 – erfolgten Invasion CIA-gelenkter exilkubanischer Söldner an der als Schweinebucht bezeichneten Playa Girón war die Sprengung der „Coubre“ der schwerwiegendste Gewaltakt gegen das sich gerade erst formierende neue Kuba. Der auf 4300 Bruttoregistertonnen ausgelegte Frachter mit seiner 35köpfigen Besatzung sollte am 7. März – nur drei Tage nach dem Attentat – mit einer Ladung Zucker, die in Havanna an Bord zu bringen war, in See stechen.

Auf der Hinfahrt nach Kuba hatte das Schiff – von Le Havre kommend – im belgischen Ambers, wo die hochexplosive Fracht an Bord gehievt worden war, geankert und darauf noch Zwischenstops in Bremen, Hamburg und Liverpool eingelegt.

Die Rüstungsgüter waren im letzten Quartal 1958 – also noch in der Endphase des Batista-Regimes – geordert worden. Trotz des massiven Drucks der Eisenhower-Administration auf Belgien, den Vertrag angesichts des absehbaren Zusammenbruchs der alten Machtstrukturen in Kuba nicht einzuhalten, blieb Brüssel im Wort.

Es folgte das Inferno im Hafen von Havanna. Sprengstoffexperten, die den Vorgang sofort zu untersuchen begannen, schlossen eine Selbstentzündung ohne menschliches Zutun von vornherein aus. Alle Indizien sprachen dafür, daß „irgend jemand“ nach dem Scheitern der Bemühungen Washingtons, den Waffen-Deal zu verhindern, eine Zeitzünderbombe in einen der Behälter mit panzerbrechenden Granaten „gepflanzt“ haben mußte. Festgestellt wurde überdies, daß der sonst keine Personen befördernde Frachter einen Passagier an Bord gehabt hatte. Es handelte sich um den in Miami abgestiegenen US-Journalisten Donald Lee Chapman.

Nur fünf Tage nach der Explosion auf der „Coubre“ konstituierte sich in Washington eine vierköpfige White House Group unter Leitung des CIA-Obersten JC King, die einen von Eisenhower am 17. März 1960 unterzeichneten „Plan für verdeckte Aktionen“ in die Praxis umsetzen sollte.

Zur Bestattung der „La Coubre“-Opfer hatte sich Kubas Führung vollständig eingefunden. Der Fotoreporter, dessen Kamera die erste Reihe der Teilnehmer am Trauermarsch mit Fidel Castro, Osvaldo Dórticos und Camilo Cienfuegos erfaßte, bannte auch den ernsten und feierlichen Gesichtsausdruck Che Guevaras auf das Zelluloid. Diese Aufnahme des kubanischen Revolutionärs argentinischer Abkunft ging schon bald um die ganze Welt und gilt bis heute als das wohl einprägsamste Porträt, das jemals von Che gemacht worden ist. Millionen und Abermillionen junger Leute vieler Länder tragen es auf T-Shirts und Buttons.

Am Ort der Beisetzung der Ermordeten prägte Fidel Castro den zum Banner des antiimperialistischen Widerstandes der Kubaner werdenden Slogan „Patria o Muerte!“ – Vaterland oder Tod!

RF, gestützt auf „Prensa Latina“, Havanna