RotFuchs 234 – Juli 2017

Günther Weisenborn zum 115. Geburtstag

RotFuchs-Redaktion

Günther Weisenborn

Der Schriftsteller und Dramatiker Günther Weisenborn ist am 10. Juli 1902 in Velbert geboren und am 26. März 1969 in Berlin gestorben. Weisenborn, der 1928 mit dem Antikriegsstück „U-Boot S4“ seinen ersten großen Erfolg hatte, später mit Bertolt Brecht zusammenarbeitete, emigrierte nach dem Machtantritt der Nazis in die USA. 1937 nach Berlin zurückgekehrt, schloß er sich der Widerstandsgruppe Schulze-Boysen/Harnack an, wurde verhaftet und von den Nazis mehrere Jahre ins Zucht­haus gesteckt.

In den Jahren nach Faschismus und Krieg widmete er einen großen Teil seines Schaffens dem Andenken der antifaschistischen Widerstandskämpfer. Im Vorwort zu seinem Drama „Die Illegalen“ (1945) schrieb er: „Wir haben die Verpflichtung, ihre Taten unserem deutschen Volk und besonders seiner Jugend bekanntzumachen.“ In seinem tagebuchähnlichen „Memorial“ werden die Leiden der Haftzeit den Erinne­rungen aus friedlicher Zeit gegenübergestellt, denn – so Weisenborn – jene Hundert­tausende, die „kämpfend an der Schafott-Front gefallen sind“, dürften von uns nie vergessen werden.

Günther Weisenborn: Der lautlose Aufstand

1953 erregte sein Bericht „Der lautlose Aufstand“ über die deutsche Widerstandsbewegung von 1933 bis 1945 Aufsehen. Er wurde vielfach neu aufgelegt und gehört heute noch zu den Standardwerken über den deutschen Widerstand. Auf Vorwürfe von Reaktionären und Milita­risten, die Widerstandskämpfer seien Vaterlandsverräter gewesen, erwiderte Weisenborn: „Heute, nachdem die Geschichte gesprochen hat und die eiserne Summe gezogen worden ist, sollte klar sein, auf welcher Seite Landesverrat begangen wurde. Wer sein Volk soldatisch in das schrecklichste Unheil seiner Geschichte schickte und belog, beging Landesverrat. Wer die ehrlichen und betrogenen Männer unseres Volkes in Uniformen steckte und sie über Grenzen jagte, um andere Völker mit Krieg zu überwinden, der beging Verrat an unserem Volk. Wer sein Volk gegen diesen Wahn­sinn zu verteidigen suchte, kämpfte gegen die Landesverräter. Und Hitler war ein Landesverräter. Nur die beschränktesten Köpfe plappern heute noch, nachdem die Ergebnisse vorliegen, seine Phrasen nach.“

Weisenborns „Göttinger Kantate“ wurde im Mai 1958 mit großem Beifall uraufgeführt. In dem Stück ging es um die Kritik von 18 Atomwissenschaftlern (Göttinger Appell vom April 1957; siehe RF 231, Seite 4) an der Atomrüstungspolitik der Bundesre­gierung.

1960 mahnte er: „Es fehlt ein Aufruf zum öffentlichen Boykott antisemitischer Litera­tur. Es fehlt eine sofortige und scharfe Anwendung von Strafen für unbelehrbare Nazis. … Das, was man heute die ,unbewältigte Vergangenheit‘ nennt, muß endlich bewältigt werden, sonst bewältigt sie uns wieder!“

Auch der Roman „Der Verfolger“ (1961) gehört zu den Bemühungen des Autors – entgegen dem offiziellen, restaurativen Kurs in der Nachkriegszeit und der Zeit des kalten Krieges – die Bedeutung des antifaschistischen Widerstands in seiner ganzen Breite bewußtzumachen. Einer seiner Leitsätze war: „Dichter sein heißt, die Men­schen bewegen, ihr Leben zu ändern.“

Gestützt auf „UZ“