RotFuchs 219 – April 2016

Irrsinn ist „in“

Horst Neumann

Irre – das ist ein Modewort aus der Jugendsprache, um Begeisterung auszudrücken. Auch Medien und Politiker nutzen diesen Begriff gern, wenn sie ihre Freude über neue Kriege zum Ausdruck bringen. Da kämpfte man in der Vergangenheit gegen den Irren von Belgrad, den Irren von Bagdad, den Irren von Tripolis und später gegen den Irren von Damaskus. Man kämpft jetzt zwar noch nicht militärisch, aber in den Medien um so tapferer gegen den Irren von Moskau.

Irre müsse jene sein, welche nicht bereit sind, den selbsternannten Weltherrschern freiwillig Zugang zu den Reichtümern ihrer Völker zu gewähren – und das trotz des Wissens um die Schlagkraft der hochgerüsteten NATO.

Da die Dinge so liegen, muß man die Völker eben von den Irren befreien, die natürlich auch Diktatoren sind. Viele Menschen werden dabei von ihrem Leben befreit oder von ihren Häusern, Wohnungen und Heimatorten. Denn unzählige Tote und die Zerstörung der Lebensgrundlagen anderer sind bei den „humanistischen Befreiungsaktionen“ der westlichen Welt nun einmal nicht zu vermeiden. Ein zynischer NATO-Sprecher bezeichnete das 1999 als „Kollateralschäden“. Nachteile, wenn auch gemessen daran geringe, müssen die „humanistischen“ Wortschöpfer auch selbst in Kauf nehmen: Kriegstote oder Soldaten, die das ewige Töten moralisch und mental nicht durchstehen. Hinzu kommen Ströme von Flüchtlingen, die ihre zerstörte Heimat verlassen und bei anderen Völkern unterzukommen suchen.

Mit der Welt verändert sich auch der Weltsicherheitsrat. Er ist zwar noch nicht zu einem Weltunsicherheitsrat mutiert und hat bisher „nur“ Kriege gegen Libyen und die Elfenbeinküste „bewilligt“. Doch Kriege verhindern konnte und kann er bei all dem Irrsinn nicht mehr.