RotFuchs 232 – Mai 2017

Leserbriefe

RotFuchs-Redaktion

Ich freue mich, daß der „RotFuchs“ nach dem Tod von Klaus Steiniger vor einem Jahr weiter erscheint und dessen politisch-theoretische Linie fortsetzt. Die Zeitung bleibt hoch informativ. In jeder Ausgabe findet man viele interessante Artikel zu histori­schen, aktuellen und theoretischen Aspekten. Die Beiträge von Christa Kożik, die in Liegnitz geboren wurde, erinnern mich an meine eigenen Erfahrungen in Polen nach dem 2. Weltkrieg. Buchstäblich auferstanden aus Ruinen, hat das ganze Land, so auch die Pädagogischen Hochschulen in Legnica und Wrocław, an denen ich unzäh­lige Vorträge hielt, dazu beigetragen, Volkspolen ein neues Antlitz zu verleihen.

Prof. Dr. Zbigniew Wiktor, Wrocław

Das Lebensbild Martin Niemöllers, dargestellt von meinem Freund Prof. Heinrich Fink im Februar-RF, erinnert mich an die Begegnung, die wir im Spätsommer 1962 im Friedensrat Potsdam hatten. Ein Kreis von Theologen und weiteren Amtsträgern von Kirchen waren mit Martin Niemöller darin einig, alles zu tun, damit zwischen den beiden Staaten auf deutschem Boden der Frieden erhalten bleibt. Die ein Jahr davor errichtete Staatsgrenze hatte den Frieden auf deutschem Boden gesichert. Dies war die Überzeugung Niemöllers. Was alles tobte durch den Blätterwald westdeutscher Zeitungen: Protestgeschrei, die schlimmsten Anschuldigungen, Diffamierungen besonders derjenigen, die als Christen damals in einer Front zusammenstanden mit Marxisten, all denjenigen in der DDR, die damals Verantwortung trugen. Wir wurden böse beschimpft, hatten in den Pfarrkonventen mit Ausgrenzung zu rechnen und waren der Isolation in unserer kirchlichen Arbeit ausgesetzt.

Martin Niemöller war damals für uns Vorbild. Der Mitbegründer der Bekennenden Kirche 1934, Antifaschist, Friedenskämpfer, ein begnadeter Prediger und Zeuge des Evangeliums hatte uns, im kleinen Kreis suchender Pastoren, die wir gemeinsam mit Marxisten für ein sozialistisches Deutschland eintraten, Mut gemacht, weiterhin für Frieden und Völkerverständigung zu wirken.

Die Christliche Friedenskonferenz (CFK) war die beste Plattform für diese gemein­same Arbeit! Niemöller hatte bei Friedensdemonstrationen mit der Fackel in der Hand auf den Straßen Westdeutschlands gestanden. Den Lenin-Friedenspreis hatte man ihm verliehen. Durch die Staaten des damaligen „Ostblocks“ war er gereist als Zeuge Christi, als Botschafter des Friedens. Es bleibt unvergessen, daß Gerald Götting und der Parteivorstand der CDU in der DDR beschlossen hatten, daß in Burgscheidungen, der Zentralen Schulungsstätte, seine Büste aufgestellt wurde. Tausende von politisch arbeitenden Christen in der DDR kannten Martin Niemöller, diesen ehrlichen, überzeu­genden Botschafter der Friedensbotschaft – in der Überzeugung, daß es um eindeu­tiges, klares Friedenszeugnis geht. Dieser Auftrag ist bis heute gültig, angesichts noch größer gewordener Gefahren in der Welt!

Hans-Joachim Brühe, Pastor em., Falkensee

Der Artikel „Was uns der 11. September hinterlassen hat“ von S. A. Gomez im Februar-RF hat uns in Inhalt und Form sehr gut gefallen.

Ich möchte zu der im Beitrag umfassend dargestellten „Geschichte der Verbrechen der USA“ ergänzend das Verbrechen von Pearl Harbor am 7. Dezember hinzufügen, das 2403 Landsleuten das Leben kostete. In den Akten der zwischenzeitlich geöffneten Archive ist nachzulesen, daß US-Präsident Franklin D. Roosevelt in Kenntnis des Angriffs durch die Japaner bewußt die Verteidigung von Pearl Harbor verhindert hat, um strategische Ziele zu erreichen. Und die 3000 Toten vom 11. September 2001 – waren sie von den US-Strategen ebenso einkalkuliert, um den weltweiten „Krieg gegen den Terror“ legitimieren zu können?

Harry Schröder, Berlin

Zur Rede von Egon Krenz über Gründe unserer Niederlage, RF 228 und 229

Egon Krenz, der letzte Chef des Politbüros (Werner Eberlein nannte es „Die stille Runde“) hat in Peking eine bemerkenswerte Rede gehalten. Mit großem Interesse habe ich das im „RotFuchs“ in zwei Folgen veröffentlichte Referat zu den Gründen unserer Niederlage gelesen. Vielen Dank, Genosse Krenz!

In einem Punkt muß ich widersprechen. Egon Krenz schreibt, daß sich erwiesen hat, daß der Sozialismus im Zentrum Europas möglich ist. Der dann folgende Satz hebt diesen aber gleich wieder auf. Ein Sozialismus der permanenten Mangelwirtschaft könne man nicht als lebensfähigen Sozialismus bezeichnen. Gerade dieser Mangel war aus meiner Sicht der Hauptgrund für die schwindende Basis im Volk.

Eine Kardinalfrage für mich ist, durch welche Hebel und Mechanismen führt man die Menschen unter den Bedingungen sozialistischer Produktionsverhältnisse zu Höchstleistungen, ohne sie auszubeuten, und wie verändert man ihre Haltung zum Volkseigentum – eine Grundschwäche in unserem System. Waren wir mit dem komplexen System der Einheit von Wirtschaft und Sozialpolitik überfordert? Ein weiteres Problem berührt die Handhabung der zentralen Leitung und Planung. Das ganze Staatswesen, alle Bereiche des Lebens der Menschen wurden zentral geführt, nicht mal von einer Regierung, sondern von der Partei. Dadurch wurde der Staat, die Partei alleine verantwortlich für jeden kleinsten Fehler.

Aus dieser Betrachtung ergibt sich die Frage nach den objektiven Gründen.

  1. Marx hat seine Theorie leider so formuliert, daß der Prozeß als gesetzmäßiger Selbstläufer mißverstanden wurde.
  2. Der schlimmste Feind unseres Sozialismus war der Dogmatismus.
  3. Lenins Theorie vom „Sozialismus in einem Land“ findet man nicht bei Marx. Dabei waren die Akteure immer zu ungeduldig und wollten gesellschaftliche Prozesse, die aber ihre Laufzeit brauchen, in kürzester Zeit erreichen. Ja, auch weil sie von äußeren Bedingungen beeinflußt wurden.

Der Sozialismus der Sowjetunion wurde geboren und umgesetzt im permanenten Kampf mit dem internationalen Kapitalismus und den Feinden im eigenen Land.

Selbst als halb Europa nach dem Krieg „sozialistisch“ war, wurde die notwendige Wirtschaftskraft nicht erreicht. Nach 70 Jahren Sowjetmacht war man am Ende, und ein Gorbatschow wurde zum Totengräber der Sowjetunion, weil die Führung der KPdSU keine Lösung für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme fand. Ohne Stalins Atombombe hätten wir vielleicht 1953 oder 1956 nicht überstanden.

Tragisch ist, daß die glorreichen Leistungen eines ganzen Volkes bei der Industria­lisierung des Landes, im Großen Vaterländischen Krieg und bei der Eroberung des Weltraums am Ende nicht zum Sieg des Systems führten.

Dabei müssen wir leider feststellen, in der Sowjetunion, der DDR und den anderen Ländern hatte der Sozialismus 1989 im Volk keine Basis mehr. Nur das Volk hätte den „Sozialismus“ retten können, wenn es das gewollt hätte. Ja, selbst bei dieser Betrachtung bleibt die DDR die größte Errungenschaft der Arbeiterklasse und war ein Anfang vom Weg in eine Zukunft nach dem Kapitalismus.

Nun muß die Menschheit warten, bis sich die Widersprüche des Kapitalismus so verschärfen, daß der Kapitalismus auf seiner höchstentwickelten Stufe vom Sozia­lismus abgelöst wird, so wie Marx es beschreibt. Welche Rolle dabei der chinesische Sozialismus spielen kann, das wird die Zukunft zeigen.

Horst Nörenberg, Potsdam

Ich fand es gut, daß mit dem Abdruck der Rede von Egon Krenz im „RotFuchs“ jenes Thema angesprochen wurde, das mir am meisten am Herzen liegt. Zumindest für die Älteren unter uns war doch die Entstehung und Entwicklung der DDR das Prägende in unserem Leben, ihr Untergang schmachvoll und enttäuschend.

Egon Krenz nennt explizit zwei Punkte, die ich als externe Ursachen bezeichnen möchte. Sie sind offensichtlich, liegen sozusagen auf der Hand. Andere Ursachen, von ihm als Knäuel bezeichnet, liegen jedoch noch im verborgenen, auch wenn er schreibt, daß es dafür viele Erklärungsversuche gibt. Krenz nähert sich diesen mit Bezug auf Lenins Standpunkt über die Rolle der Arbeitsproduktivität, ohne zu erklären, wie mit diesem Begriff in der gegebenen Situation zu verfahren sei. Das ist in meinen Augen zu vereinfacht dargestellt.

Klar ist, daß mit der Niederlage der DDR eine Gesellschaftsordnung mit sozialis­tischer Orientierung unterging, die unmittelbar aus dem Kapitalismus hervor­gegangen ist, und zwar ausnahmslos in Ländern mit niedrig entwickeltem Kapitalismus, also auch mit niedriger Arbeitsproduktivität. Für den Aufbau einer solchen Gesellschaft gab es weder Erfahrungen oder Modelle, noch waren die Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus anwendungsreif für ihre Gestaltung durchdacht. Auch die Menschen waren weder ideologisch noch mental auf die Anforderungen, die diese Zeit an sie stellte, vorbereitet. Wohl waren sie kriegsmüde, doch eine revolutionäre Situation im Leninschen Sinne bestand nicht.

Daß sich der Sozialismus gegenüber dem hochentwickelten Kapitalismus in den westlichen Ländern 40 Jahre lang behaupten konnte, verbuche ich dennoch als Erfolg. Sozialisten und Kommunisten stehen in der Pflicht, daraus die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen.

Helmut Müller, Berlin

Der Artikel von Egon Krenz im RF war besonders informativ und gut. Es sollte ange­regt werden, dazu mehr zu schreiben und das zu publizieren. Die Fakten gehören an die breite Öffentlichkeit.

Dr. Günter Wehner, Berlin

Zur Märzausgabe

Ausgewogene Zusammenstellung! Der Beitrag „Aurora heißt Morgenröte“ war sicher verzichtbar. Aber dafür besonders schön die Klemke-Seite; auch gestalterisch fällt sie sehr ins Auge. Auch vieles andere äußerst lesenswert (Konrad Wolf, Christa Kożik usw.). Prima, daß Ihr die „Enzyklika“ so hervorhebt! Wußte ich gar nichts von, sehr interessant! Das ist, glaube ich, auch eine Besonderheit von RF, daß er die Leser an Jahrestage, vergessene Personen, Manifeste und Ereignisse erinnert, von denen selbst meine Generation kaum mehr etwas weiß.

René Senenko, Hamburg

Johannes Chemnitzer im März-„RotFuchs“ zu entdecken, ist mir eine Freude. Ich gehörte zu Radio DDR. Und der Sender war namentlich in den 70er und 80er Jahren viel unterwegs, mit allen wichtigen Sendungen zur Kommunalpolitik, Wirtschaft, Unterhaltung, Musik, Schule, Gesundheit standen Reporter vor Ort. Rundfunk zum Hören und Anfassen.

Unter den großen und kleinen Städten befand sich auch Neubrandenburg mit beeindruckendem Wiederaufbau. Johannes Chemnitzer gehörte zu den jüngsten SED-Bezirkssekretären, und natürlich hatten wir eine Mikrofon-Runde vereinbart. Wir warteten am Hochhaus, und er kam zu Fuß. Wie wir später erfuhren, nicht nur an diesem Tag. Ein großes Wochenende mit vielen Begegnungen stand auf dem Plan. Hannes Chemnitzer hat uns geholfen, was nicht überall so der Fall war. Sein Elan, seine Lebensnähe, sein Optimismus, seine Ehrlichkeit und Bescheidenheit haben mich beeindruckt. Seine Entwicklung und sein Ansehen gehören dazu, wenn man über die DDR befinden will.

Atti Griebel, Berlin

Der Beitrag von Patrik Köbele im März-RF über den verstorbenen Herbert Mies erinnerte mich an die letzte Begegnung mit ihm im vergangenen September in Karlsruhe auf einer Veranstaltung zum 60. Jahrestag des KPD-Verbots. Nachdem ich einiges zur juristischen Bewertung des Verbots und dem Wirken von F. K. Kaul in diesem Prozeß vor dem Bundesverfassungsgericht gesagt hatte, ergriff Herbert das Wort, und man merkte sofort, da spricht einer, der die Klassenkämpfe der letzten Jahrzehnte miterlebt und auch für die Partei mitgestaltet hat. Große Überzeugungs­kraft und Konsequenz zeichneten ihn dabei aus, obgleich er seit meinem letzen Besuch bei ihm in Mannheim inzwischen an den Rollstuhl gefesselt war, was ihn sehr ärgerte. „Aber der Kopf ist klar!“, sagte er mir zu Beginn der Veranstaltung, und so sprach er auch zu den zahlreichen Teilnehmern, die ihm großen Beifall spendeten. So wollen wir ihn in Erinnerung behalten.

RA Ralph Dobrawa, Gotha

Werner Abel und seine Kollegen suggerieren in ihrem Beitrag „Zur Debatte um ein Spanienkämpfer-Lexikon“ (März-RF), daß ich den Eintrag über Willi Bredel wegen seines zu geringen Umfanges kritisiere, und unterstellen, daß ich „einen Eintrag in ein biographisches Lexikon mit einer Biographie verwechsle“. So bauen sie einen Pappkameraden auf, um sich nicht mit den Schwerpunkten meiner Kritik auseinan­dersetzen zu müssen. Neben den vielen Fehlern und Ungenauigkeiten kritisiere, ich u. a. das falsche Datum über die Ankunft Bredels und Weinerts in Spanien. Weitaus problematischer ist für ein Spanienkämpfer-Lexikon, daß mit keinem Wort Bredels militärische Aktivitäten und seine umfangreiche publizistische Unterstützung der Republik genannt werden. Dies widerspricht sogar den selbstformulierten Ansprü­chen im Vorwort des Buches (S. 8). Bei den Schriftstellern Hans Marchwitza (S. 330) und Ludwig Renn (S. 408) werden beispielsweise zumindest deren militärische Daten erwähnt. Dagegen wurden sie bei Willi Bredel vermutlich schlicht vergessen, aber das wollen die Autoren offensichtlich nicht einräumen.

Hans-Kai Möller, Hamburg

In der Diskussion um das Spanienkämpfer-Lexikon liegen uns weitere Stellung­nahmen von Brigitte und Gerhard Brändle sowie von Werner Abel vor. Die Autoren des Lexikons wurden detailliert kritisiert – sie hatten Gelegenheit, darauf ausführlich zu antworten. Es gibt offensichtlich unterschiedliche Auffassungen und Standpunkte, die wir so stehen lassen müssen. Wir bitten um Verständnis dafür, daß wir den öffentlichen Disput hiermit beenden.

Rotfuchs-Redaktion

Die Bürger der früheren DDR werden auch 27 Jahre nach dem Anschluß an die BRD um ihre Leistungen beim Aufbau unserer Gesellschaft betrogen. Als hätte es uns nicht gegeben. Doch die Wahrheit ist auf unserer Seite. Meinen erfolgreichen Abschluß des Studiums an der Humboldt-Universität verdanke ich – ohne 1945 einen ordentlichen Schulabschluß machen zu können – allein der DDR, die das Bildungs­privileg durchbrach. Heute braucht man wieder eine andere soziale Herkunft, um studieren zu können. Dieser Staat, dem Freiheit und Demokratie angeblich heilig sind, schlittert von einer Krise in die nächste. Viele Länder leiden immer noch unter den Folgen der letzten großen Finanzkrise, und schon vergeben Banken wieder faule Kredite in Hülle und Fülle an die Wirtschaft. Die Verelendung vieler Völker wird in Kauf genommen. Wir selbst sollen eingestimmt werden auf die „Normalität“ von Kriegen. Rechte Kräfte gewinnen an Zulauf, in Deutschland und europaweit. Mir ist völlig unverständlich, daß faschistische Kräfte, die in SS-Divisionen Hitlers gedient haben, in einigen europäischen Ländern heute Paraden abhalten dürfen und obendrein noch besondere Renten für ihre Verbrechen wie beispielsweise in Litauen bekommen. Groß ist meine Befürchtung, daß durch die USA immer mehr Stellver­treterkriege geführt werden, die schnell in einem dritten Weltkrieg enden können.

Linke Kräfte in Deutschland sind derzeit leider zersplittert, aber sie tragen eine große Verantwortung für die Zukunft unseres Landes.

Werner Gericke, Berlin

Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl muß die Partei Die Linke aufpassen, daß ihre Grundprinzipien nicht verlorengehen und sie am Ende ihr Gesicht einbüßt! Sie ist die einzige Friedenspartei im Deutschen Bundestag. In Zeiten der Aufrüstung und Stationierung von NATO- und Bundeswehrtruppen an den Grenzen zu Rußland ist es wichtig, daß es eine Partei gibt, die zu dieser Rüstungsspirale nein sagt – und das ohne Wenn und Aber! Dieser Standpunkt ist nicht verhandelbar!

René Osselmann, Magdeburg

In den vergangenen Monaten las ich wiederholt im RF Meinungen über vergangene und mögliche Regierungsbeteiligungen der Partei Die Linke, meist mit warnendem Unterton.

1998 bestand in Mecklenburg-Vorpommern erstmals die Möglichkeit, daß sich die PDS an einer Landesregierung beteiligt. Lange habe ich mit mir gerungen, um einen eigenen Standpunkt zu finden. Ich bin zu folgendem Entschluß gekommen: Wenn es möglich ist, in Regierungsbeteiligung etwas Positives für die Menschen zu erreichen, dann müssen wir das tun. Aber wir dürfen uns nicht verbiegen.

Leider ist das nicht gelungen.

Wenn es jetzt um eine Entscheidung auf Bundesebene geht, darf sie nicht zu Lasten der Haltelinien ausfallen: Bestehende Kriegseinsätze beenden! Keine neuen Kriegs­einsätze! Soziale Maßnahmen für die Masse der Menschen!

Karl-Heinz Puchmüller, Waren (Müritz)

Anfang März lief bei „MDR Kultur“ ein Themenabend „Litauen“. Ausgiebig wird die West-Orientierung des Landes und seiner baltischen Nachbarn beschworen, gewürdigt und mit geschichtsklitternden Behauptungen („Litauen ist ja katholisch wie Polen, somit also immer schon ein Teil des Westens …“) „untermauert“. Daß das Land sich mangels Masse und eigenem Gewicht im imperialistischen Zweckbündnis der EU seit Jahr und Tag als russophober Wadenbeißer der NATO hervorzutun versucht, erklärt ein professoraler Interviewpartner wie folgt: Litauen hätte „berechtigte Ängste“ angesichts der „ja nun doch massiven Konzentration von militärischen Kräften Rußlands in der Region“. Daß diese Maßnahme Rußlands vielleicht eine Reaktion ist auf den zunehmend dreisteren Aufmarsch der NATO vor Rußlands Westgrenze, auf die Eingemeindung der baltischen Staaten in das westliche Kriegsbündnis, die bellizistische Rhetorik, das Säbelrasseln, die Kriegshetze insbesondere der baltischen Mini-Staaten – geschenkt, mit diesen Informationen will man den „MDR Kultur“-Hörer offensichtlich nicht überfordern.

Dann wird’s allerdings ganz bizarr: Die sich ahnungslos gebende Interviewerin fragt den Experten, ob er den militärischen Aufmarsch – nein, nicht etwa der NATO, sondern Rußlands – etwas detaillierter beschreiben könnte. Die Antwort des wackeren Mannes: Ja, da wären also in der Enklave Kaliningrad „unglaublich viele Luftabwehrraketen stationiert“ – schöner kann sich die kriegslüsterne NATO-Propa­ganda von der „russischen Gefahr“ ja gar nicht blamieren, aber gehört hat’s sicher wieder keiner: Defensive Maßnahmen Rußlands gegen die zunehmend aggressive Bedrohung durch die NATO – Luft-abwehrraketen in Kaliningrad! Klarer Beleg für russische Aggression! – müssen auch noch herhalten als Begründung für den Kriegskurs der NATO.

Ich muß an meinen Großvater denken, dem seine antifaschistische Arbeit Gestapo-
Haft und Zwangsrekrutierung für das Strafbataillon 999 eingebracht hatte und der mir gelegentlich sagte: „Ich wußte doch, daß Hitler Krieg bedeutet. Jeder der es wissen wollte, konnte es wissen. Aber es wollte kaum jemand wissen.“ Ich fühle mich heutzutage ähnlich.

Kay Stratus, Weimar

Zu Jahresbeginn wurden erhebliche Mengen amerikanische Rüstungsgüter quer durch Deutschland in Richtung Baltikum und Polen transportiert, samt Militär­personal. Die BRD beteiligt sich am Truppenaufmarsch nach Litauen. Wieder mal „alternativlos“, Deutschland ist ja NATO-Mitglied.

US-Präsident Trump erwartet deutlich höhere finanzielle Aufwendungen der NATO-
Mitgliedsstaaten. Unsere regierende Pfarrerstochter versicherte eilfertig, dem zu folgen.

Wir, der Deutsche Freidenker-Verband, sehen sehr wohl eine Alternative: NATO raus aus Deutschland, Deutschland raus aus der NATO! Kooperation statt NATO-Konfron­tation!

Dr. Manfred Gries, Oranienburg

Das Auftreten der Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem NSA-Untersuchungs­aus­schuß über die Spionage-Tätigkeit amerikanischer und deutscher Geheimdienste hinterläßt den Eindruck, daß sowohl USA-Präsident Trump als auch sie vom gleichen Schlage sind: dem Volk und der Weltöffentlichkeit das eine zu sagen, um dann das andere zu tun. Das Monopolkapital ist zufrieden. –

Der Bundestagswahlkampf ist längst in vollem Gange. Es darf bezweifelt werden, daß die antretenden Parteien in sich gehen und zu längst fälligen Kurskorrekturen ihrer Politik kommen werden. Wählergunst ist in diesem Land selbst mit haltlosen Verspre­chungen zu haben. Dagegen begrüße ich, daß die DKP dabei ist, Unterschriften für die Ermöglichung ihrer Kandidatur zu sammeln.

Hans-Georg Vogl, Zwickau

Aus Anlaß des Reformationsjubiläums wird 2017 neben der Vermittlung geschichts­trächtiger Fakten offen und verdeckt der Weg für eine schleichende weitere Missio­nierung geebnet. Die Leistungen Martin Luthers, die 500 Jahre zurückliegen, sind zu würdigen, aber auch seine antisemitische Grundhaltung darf nicht außer Betracht bleiben. Und, wenn man Luthers Wirken ohne staatlich verordnete Euphorie betrachtet, bleiben die Abschaffung des Ablaßhandels und die deutschsprachige Bibel übrig. Der Papst war obsolet, aber die evangelischen Regionalfürsten erlangten bedeutenden politischen Einfluß. Sie negierten schlichtweg die Forderung nach einer Bescheidung auf ihr kirchliches Wirken im Amt.

Die Geschichte zeigt uns überdeutlich, daß die Reform sehr partiell war und ein wirklicher Einfluß der Kirchen für eine friedliche, solidarische und gerechte Welt nicht gegeben war. Im Gegenteil! Könige, Kaiser, Führer, Präsidenten zogen mit Gottes Segen gegeneinander in den Krieg, und Millionen Menschen kamen darin um. Politiker, die sich sonntags segnen lassen, zogen montags in den Krieg, und die Mächtigen des Staates profitierten davon. Die Gefallenen und Toten wurden in unheiliger Allianz zwischen Staat und Kirche „feierlich“ zu Grabe getragen.

Die im Ergebnis der Aufklärung, insbesondere der französischen Revolution, erfolgte Abschaffung einer Staatsreligion und der erfolgten Trennung von Staat und Religion wird leider offiziell ignoriert. Durch den Staat wird Kirchensteuer eingezogen, Millionen Euro den Kirchen für deren Betreibung bereitgestellt und in öffentlichen Räumen, wie z. B. in Schulen, Krankenhäusern und Gerichten mit dem Kreuz indirekt für ein Glaubensbekenntnis geworben.

Wir brauchen ganz dringend die öffentliche Diskussion zur Abkehr der Kirche vom Armuts- und Friedensideal des synoptischen Jesus. Denn dessen Ethik wurde nach dem Aufstieg zur Staatsreligion im 4. Jahrhundert ins Gegenteil verkehrt: Machtsucht und Gewalt prägten die Kirche, deren Weg konsequent über die jahrhundertelange Verfolgung von „Ketzern“ und Heiden bis zur Kooperation mit den europäischen Faschisten in Spanien, Italien und Deutschland sowie Kroatien führte.

Dieser Sachverhalt liegt aber verschüttet im Bewußtsein der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger. Das offenzulegen bedarf einer klugen und geduldigen Überzeugungsarbeit.

Deshalb begrüßen wir eine Initiative des Landesvorstandes der Partei Die Linke Sachsen zur Trennung von Staat und Religion und möchten diese weiter aktiv unterstützen.

i. A. Raimon Brete, OV Sonnenberg/Chemnitz

Als wir im März anläßlich „70 Jahre VVN-BdA in Sachsen“ zu einer Festveranstaltung zusammenkamen, verwiesen wir Antifaschisten auch auf eine 1993 angenommene und bis heute geltende Entschließung des Europäischen Parlaments. Darin heißt es: „Zum europäischen und internationalen Schutz der Stätten der von den National­sozialisten errichteten Konzentrationslager als historische Mahnmale“ fordert das Europäische Parlament „… die Mitgliedstaaten, den Rat und die Kommission auf, alle Initiativen u. a. auch finanziell zu unterstützen, die darauf abzielen, die … von den Nationalsozialisten errichteten Konzentrationslager zu bewahren und diese Stätten unter europäischen und internationalen Schutz zu stellen …“

Eine Meldung des „neuen deutschland“ vom 20. März bezog sich auf das KZ Hohnstein: „Früherem KZ droht der Verkauf / Sächsische Burg Hohnstein nach Insolvenzverfahren vor ungewisser Zukunft“. 5300 Menschen wurden dort bis zu seiner Auflösung im August 1934 in „Schutzhaft“ genommen: Sozialdemokraten, Kommunisten, Pfarrer, Lehrer, Kommunalpolitiker. Etwa 140 von ihnen kamen zu Tode.

Es sei kein Geld da, heißt es, um die Erinnerung an diese Opfer wachzuhalten. Wenn jedoch BStU-Chef Jahn Finanznot beklagt, braucht er nur vor die Kameras zu treten, und alle Mikrofone richten sich auf seine Bittgesänge. Erst recht in Sachsen! In den letzten drei Jahren wurden circa 15 % der Fördermittel der Stiftung Sächsische Gedenkstätten für den Themen­bereich NS-Aufarbeitung und 85 % für die Themen­bereiche Sowjetische Besatzungszone und „DDR-Unrecht“ bewilligt.

Paul Jattke, Chemnitz

Groß aufgemacht konnte man am 17. 3. in der MZ lesen, daß „der Duft von frischem Brot“ durch die Kleinstadt Könnern zieht. Es folgte ein Rückblick auf die Entwicklung einer Bäckerei, die dort bereits seit 1927 besteht und die „den zweiten Weltkrieg, die DDR und die Wende überlebt“ hat. Ein Bezug auf das „Tausendjährige Reich“ von 1933 bis 1945 fehlte jedoch. Um so freudiger ließ man den Bäckermeister zu Wort kommen, der seinen Kampf ums Überleben zu DDR-Zeiten in Szene zu setzen wußte. Die Bäckerei – in privater Hand geblieben – habe „auch die letzte Enteignungswelle überlebt“, weil der Vater „weniger als 10 Beschäftigte“ hatte. Heute „boomt“ das Geschäft. Es ist die einzige von 13 vor der „Wende“ bestehenden Bäckereien, die in Könnern noch existiert.

Man lese und staune: Während es in dieser Kleinstadt zu Zeiten des DDR-„Unrechts­staates“ immerhin 13 Bäckereien gab, sind – dank des spätkapitalistischen Konkurrenzkampfes – nur 7,7 % der ursprünglichen Kleinunternehmen übrigge­blieben. Bis jetzt …

Ob den Konsumenten der MZ aufgefallen ist, was ihnen da vermittelt werden sollte?

Dr. Günther Freudenberg, Bernburg

Anmerkung der Redaktion zu
„Die Blockade Leningrads ist unvergessen“ (RF 229)

In Beantwortung von Leseranfragen hier die Titel einiger empfehlenswerter (zumeist noch antiquarisch zu beschaffender) älterer Blockade-Bücher. Sie sind unentbehrlich zur historischen Konkretisierung der heute gelegentlich antisow­jetisch interpretierten Ereignisse und zum Verständnis der Größe dieses Dramas:

  • Vera Inber:
    Fast drei Jahre
    Aus einem Leningrader Tagebuch
    SWA-Verlag, 1946
  • Alexander Tschakowski:
    Es war in Leningrad
    SWA-Verlag, 1947
  • N. G. Michailowski:
    Neunhundert Tage
    Zeugnisse von der heldenhaften Verteidigung Leningrads
    im Großen Vaterländischen Krieg

    (Vorwort: Willi Bredel)
    Dietz-Verlag, 1959
  • Heinz Bergschicker:
    Leningrad – Stadt, die den Tod bezwang
    Verlag Kultur und Fortschritt, 1966
  • D. W. Pawlow:
    Die Blockade von Leningrad
    Huber-Verlag, 1967
  • Duell mit der Abwehr
    Dokumentarische Skizzen über Tschekisten der Leningrader Front
    Militärverlag, 1971
  • Alexander Tschakowski:
    Die Blockade
    3 Bände, Verlag Volk und Welt, 1974–1977
  • Bodo Schulenburg:
    Tanja
    Verlag Junge Welt, 1981
    (eine Lizenzausgabe dieses anrührenden Kinderbuchs erschien mit einem eigenen Vorwort 1983 im Westberliner Elefantenpress-Verlag)
  • H. Kislizyn / W. Subakow:
    … die Stadt dem Erdboden gleichmachen
    Leningrad ergibt sich nicht
    Progress-Verlag, Lizenzausgabe im Pahl-Rugenstein-Verlag, 1984
  • Alwin Meyer:
    In dunkler Zeit
    Kinder im belagerten Leningrad
    Steidl-Verlag 1987
Karikatur: Klaus Stuttmann