RotFuchs 205 – Februar 2015

Mein ältester Sohn kam in Moskau zur Welt

Oberst a.D. Dr.-Ing. Hans Parche

Bis 1990 war ich Offizier der NVA, habe von 1956 bis 1961 an einer sowjetischen Militärakademie studiert und eine Russin geheiratet. Mein ältester Sohn ist in Moskau geboren, was ihm heute bei der Jobsuche Schwierigkeiten bereitet.

Mein Verhältnis zu den russischen Menschen, zu ihren Leistungen im und nach dem Krieg war und ist von Anerkennung und Achtung geprägt. Deshalb bin ich über die Ereignisse in der Ukraine und die von EU und NATO praktizierte Politik äußerst beunruhigt.

Ich verstehe nicht die Reaktion des Westens auf die Rückkehr der Krim zur Russischen Föderation. Sie war seit 1783 russisch und gehörte bis 1954 zur RSFSR, als der damalige 1. Sekretär des ZK der KPdSU N. S. Chruschtschow – selbst Ukrainer – in einem Anfall von Voluntarismus die Eingliederung der Halbinsel in die Ukrainische SSR verfügte. Damals interessierte das die westliche Welt überhaupt nicht. Ohne irgendeine Befragung wurden die dortigen Russen über Nacht zu Ukrainern.

Jetzt aber wird nach einem Referendum, das allen Regeln westlicher Demokratievorstellungen entsprach und bei dem sich die Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit für den Anschluß an die Russische Föderation (RF) entschied, plötzlich in den Hauptquartieren von NATO und EU mit Obama an der Spitze aus Leibeskräften lamentiert: Das ist ein Bruch des Völkerrechts! Man verhängt folgenschwere Sanktionen gegen Institutionen und Personen der RF. Präsident Putin ist zur Lieblingszielscheibe der kapitalistischen Medien geworden, die ihn Tag und Nacht diffamieren und zum Aggressor erklären.

Übrigens zeigt sich, daß die wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen auf deren Urheber zurückfallen. Etliche sächsische Unternehmen, die nach 1990 ihre Beziehungen zu Rußland mühsam wiederaufgebaut hatten, leiden erheblich unter dem von der EU verhängten Export- und Importembargo.

Zweifellos liegt ein Vertrauensbruch vor, indem die NATO permanent gegen eigene Zusagen verstößt, die Einflußsphäre des Nordatlantikpaktes nicht weiter nach Osten auszudehnen. Jetzt ist Brüssel bestrebt, die Ukraine als einen Anrainerstaat zur RF in das eigene Boot zu holen.

Völlig ungeniert traf sich auch BRD-Außenminister Steinmeier mit faschistoiden Maidan-„Helden“ und den Nazi-Kollaborateur Bandera verehrenden „Freiheitskämpfern“ von Swoboda, deren Gefolge öffentlich mit Hakenkreuzen und SS-Runen auftritt. Washington schickt GIs mit Irak-Erfahrung als militärische Berater nach Kiew. Man schanzt der Regierung unter dem CIA-Mann Jazenjuk Hilfsgelder der EU im Umfang von 500 Millionen Euro zu, für die Europas Steuerzahler aufkommen müssen. Und man begrüßt sogar die Absicht Jazenjuks, die Grenze zur RF durch eine 2000 km lange Mauer abzuriegeln.

Am 9. Mai jährt sich zum 70. Mal der Tag des Sieges der Roten Armee über den Hitlerfaschismus. Dieses Datum sollte uns daran erinnern, daß Feindschaft zu Rußland für die Deutschen immer verhängnisvolle Auswirkungen hatte. Die anschwellende Woge neuer Russophobie sollte uns deshalb in keiner Weise gleichgültig lassen.