RotFuchs 227 – Dezember 2016

Ohne Frieden kein Überleben

Arnold Schölzel

Die bundesweite Friedensdemonstration in Berlin am 8. Oktober war eines der wenigen erfreulichen Ereignisse im zu Ende gehenden Jahr. Die Organisatoren schrieben zu Recht in ihrer Abschlußerklärung: „Wir setzen ein deutliches Zeichen gegen Krieg und für Frieden – überall. Vor allem in Syrien.“ Erstmals seit mehreren Jahren gelang es, bundesweit Menschen in dieser Zahl – insgesamt etwa 8000 – zu mobilisieren. Sie sprachen es auf Plakaten, Transparenten und in den Redebeiträgen klar aus: Dieses Land führt Krieg, und damit muß Schluß sein! Es nimmt in vorderster Linie an den Feldzügen teil, die vom Westen unter Führung der USA angezettelt wurden und unter permanentem Bruch des Völkerrechts stattfinden. Von deutschem Boden geht wieder Krieg aus.

Die bürgerlichen Medien, die Politiker der etablierten Parteien, erklären, das Gegenteil sei wahr. Die Bundesrepublik habe eine fast 70jährige Friedensperiode erlebt. Nur weil keine Bomben auf Hamburg oder Stuttgart fallen? Der Staatsterror des Westens von Nordafrika bis Zentralasien findet längst sein blutiges Echo auf europäischem Boden. Das nunmehr 15 Jahre andauernde Schießen und Bomben in Afghanistan, die direkte deutsche Beteiligung mit Aufklärungsflugzeugen am Syrien-Krieg, das Truppenkontingent in Mali – das alles hat mit Krieg nichts zu tun? Von US-Atomwaffen in der Eifel, von Ramstein Air Base, der Drehscheibe für den Drohnenkrieg Barack Obamas und seines Vorgängers, vom Rüstungsexport und von der logistischen Unterstützung der Bundeswehr für jeden Krieg der USA und anderer NATO-Partner ganz zu schweigen. Nein, der Westen führt einen Angriffskrieg nach dem andern, aber er redet nicht gern darüber.

Der 8. Oktober hat ein Zeichen gesetzt, indem er auf die Tatsachen hingewiesen hat. Das besagt aber zugleich: Er kann nur ein Anfang gewesen sein. Erstens werden diese Kriege fortgesetzt, zweitens treffen NATO und Bundesregierung Vorbereitungen auf mehr und größere Kriege – was sollen deutsche Soldaten und deutsche Panzer an der russischen Grenze in Litauen? –, drittens war in diesem Jahr verräterisch oft in Erklärungen hoher US-Generale und des US-Kriegsministers von einem dritten Weltkrieg die Rede. Die Mehrheit der Menschen, auch in der Bundesrepublik, ist besorgt, ihre Beunruhigung wird genutzt, um Themen wie Migration, Integration, versuchte oder vollführte Attentate nationalistisch auszuschlachten und um Arbeiter- wie Friedensbewegung zu spalten. Das Verfahren ist nicht neu, der Imperialismus nutzt es wiederkehrend seit seinen Anfängen – mit dem deutschen Faschismus und dem zweiten Griff nach der Weltmacht hatte es seine schlimmsten Auswirkungen. In der Bundesrepublik bietet sich jetzt eine neue völkisch-rassistische Partei, die nun in zehn Landtagen sitzt, als Instrument an, um imperialistischen Klasseninteressen wieder eine Massenbasis zu verschaffen. Mit ihr öffnet sich das Bürgertum politisch erneut für Faschisten.

Ein Aufstand gegen den Krieg und gegen die vor aller Augen stattfindenden Kriegsvorbereitungen, auch die ideologischen, ist nötig. Er bedarf nicht Tausender, nicht Zehntausender, er bedarf Millionen Menschen, die auf die Straße gehen. Die größte organisierte Friedensbewegung, die Gewerkschaften, sind bis heute ebensowenig mobilisiert wie Millionen Wähler von SPD, Grünen, Linken, aber auch der bürgerlichen Parteien. Sie müssen gewonnen werden, so wie es gegen TTIP und CETA in beachtlichem Maß gelang. Dann wird aus dem Zeichen vom 8. Oktober 2016 eine Macht.