RotFuchs 221 – Juni 2016

Thüringen und die PDL

RotFuchs-Redaktion

In einer Erklärung von Bodo Ramelow auf der Geschichtsmesse der „Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur“ am 30. 1. 2016 heißt es: „Wir wollen neue Impulse setzen für eine ideologiefreie gesellschaftliche Debatte zur SED-Diktatur, ihrer Überwindung und ihren Folgen. Die Aufarbeitung von DDR-Unrecht ist Kernbestandteil unserer Regierungsarbeit und ein unverzichtbarer Beitrag für die politische Kultur in Thüringen.“ Und im Februar wurde auf Initiative der PDL ein Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht unter dem Titel: „Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Feiertagsgesetzes“. Darin heißt es u. a.: „Der 17. Juni wird im Wege eines Gesetzes zur Einführung eines Gedenktages für die Opfer des DDR-Unrechts als Gedenktag in das Thüringer Feiertagsgesetz aufgenommen.“ In der Begründung wird erklärt, daß der 17. Juni beispielhaft für das Aufbegehren von Menschen gegen Unrecht in der durch den von der SED geführten Staat DDR steht und daß die DDR-Staatsmacht den Aufstand nur mit Hilfe sowjetischer Truppen blutig niederschlagen konnte.

Es ist zynisch, wenn Ministerpräsident Ramelow (mitverantwortlich für die Vernichtung von Arbeitsplätzen in Bischofferode) Lothar Späth, den Vernichter von Tausenden Arbeitsplätzen bei Carl-Zeiss Jena, nach dessen Ableben als einen kraftvoll zupackenden Aufbauhelfer und Pionier der „Wendezeit“ würdigt und behauptet, dieser hätte vielen Thüringern eine Lebensperspektive gegeben.

Eine wirklich deutliche Positionierung gegen Ramelows Kurs gibt es weder in der Linkspartei in Thüringen noch in Berlin. Höchste Zeit dafür wäre es!

Konstantin Brandt

Am 20. April fand im Thüringer Landtag die Abstimmung zum zweiten Gesetz zur Änderung des oben erwähnten Thüringer Feiertagsgesetzes statt. Das Parlament beschloß mit einer einzigen Gegenstimme, daß im Freistaat künftig des „Volksaufstands“ in der DDR vom 17. Juni 1953 gedacht werden soll. Die PDL-Abgeordnete Johanna Scheringer-Wright äußerte sich in einer Erklärung zu ihrem Votum: „Ich habe gerade gegen dieses Gesetz gestimmt. Diese Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht. … Im heute beschlossenen Gesetz wird der 17. Juni 1953 in eine Reihe mit dem 8. Mai 1945 gestellt. Das bedient Geschichtsklitterung. Der 8. Mai 1945 ist der Tag der Befreiung vom Faschismus, der Tag, an dem der grauenhafte Zweite Weltkrieg mit mehr als 50 Millionen Toten sein Ende in Europa fand, der Tag, an dem der Völkermord an sechs Millionen europäischer Juden beendet wurde. Dieser Tag ist etwas historisch Einmaliges. Und es ist illegitim, das Ende des Holocausts – der industriellen Massenvernichtung von Menschen – mit anderen historischen Ereignissen in eine Reihe zu stellen. Es wird immer üblicher, wie man an AfD und CDU sieht, von erster (nämlich Faschismus) und zweiter (nämlich DDR) Diktatur zu sprechen. Das hebt das faschistische Deutschland und die DDR auf eine Stufe, und das wiederum ist massive Geschichtsverfälschung.

Vor diesem Hintergrund befürchte ich gerade mit Blick auf den wachsenden Rechtspopulismus – auch in der Mitte der Gesellschaft – eine Verniedlichung der Diktatur der Nationalsozialisten.“

RF