RotFuchs 211 – August 2015

Nicht nur im Mittelmeer ertrinken Hunger- und Kriegsflüchtlinge

Wer treibt Myanmars muslimische Rohingya in den Indischen Ozean?

RotFuchs-Redaktion

Das keineswegs gottgewollte Schicksal der muslimischen Rohingya – einer zum Teil bereits seit Jahrhunderten im Südwesten Myanmars (Burma) lebenden minoritären Volksgruppe, läßt die meisten der längst an die „Mittelmeer-Tragödien“ gewöhnten Europäer noch kälter. Die Berichterstattung der bürgerlichen Medien, die das Thema bewußt kleinhalten, sorgt dafür, daß nicht allzuviel Staub aufgewirbelt wird. Und doch handelt es sich bei dem, was da im fernen Südostasien geschieht, zweifellos um Ansätze eines Völkermordverbrechens. Da aber die kaum noch identifizierbaren Opfer meist in weit verstreuten Massengräbern verscharrt worden sind und weil „kein öffentliches Interesse“ an wirklicher Aufklärung besteht, deckt der Mantel des Schweigens die Untaten zu.

Zum Sachverhalt: Myanmar verweigert den zumindest seit Errichtung der britischen Kolonialherrschaft über Burma im 18. Jahrhundert dort ansässigen Rohingya jegliche bürgerlichen Rechte, darunter auch die Staatsangehörigkeit. Inzwischen hat sich die Diskriminierung dieser „Randgruppe“ so zugespitzt, daß sie zu einem Kernthema der Innenpolitik Myanmars geworden ist. Das liegt übrigens nicht so sehr, wie behauptet wird, am Kurs der durch die westlichen Mächte seit Jahrzehnten attackierten, inzwischen aber auch mit Verlockungen umworbenen Regierung in Rangun. Sie dürfte in dieser Frage zu Kompromissen bereit gewesen sein.

Die auf imperialistische Empfehlung mit dem Friedensnobelpreis dekorierte und von Großbritannien wie den USA zielstrebig als „Bannerträgerin für Menschenrechte“ aufgebaute Aung San Sun Kyi hat sich de facto an die Spitze jener gestellt, von denen die Rohingya aus ihren angestammten Siedlungsgebieten ins Meer getrieben werden. Dabei muß man wissen, daß die lange Zeit in Hausarrest gehaltene Tochter eines burmesischen Nationalhelden aus den Tagen des antijapanischen Widerstandes in ihrem gesamten politischen Handeln durch de facto als „fünfte Kolonne“ des Imperialismus agierende Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterstützt wird. Ihre „mutige Widerstandsbewegung gegen den Terror der regierenden Generale“ ist von Washington und London systematisch aufgebaut worden. Dazu gehören auch Nachrichtenagenturen, Zeitungen und Sender, die ohne Unterlaß Falschmeldungen gezielt in Umlauf bringen. Sie stellen nicht einmal in Abrede, daß die von den Briten gelenkte „Burma Campaign“ und die CIA-nahe „Stiftung“ U.S. National Endowment for Democracy (NED), die auch bei den antichinesischen Unruhen in Hongkong Regie geführt hat, in Myanmar die Drähte ziehen. Wie Dutzende andere Organisationen macht die NED kein Geheimnis daraus, an der Finanzierung von Sun Kyis „Nationaler Liga für Demokratie“ direkt beteiligt zu sein.

Bereits 2007 war mit der sogenannten Safran-Revolution ein auf halbem Wege steckengebliebener Versuch der Machteroberung durch entsprechend gekleidete Mönche aus dem politischen Dunstkreis Sun Kyis unternommen worden. Jetzt haben politische Anhänger der „Führerin im Kampf für ein humanes Burma“ die Kampagne zur Vertreibung der Rohingyas angezettelt. Ganze Serien von Brandstiftungen und die gezielte Ermordung von Aktivisten der sozial-religiösen Minderheit lösten bei dieser eine solche Massenpanik aus, daß nur die Flucht aufs offene Meer als Ausweg blieb. Doch viele Wochen lang nahm sich kein Staat Südostasiens oder Ozeaniens ihrer an. Erst massive Proteste engagierter Menschenrechtsverfechter veranlaßten schließlich einige Regierungen, überlebende Flüchtlinge unter oftmals diskriminierenden Bedingungen überhaupt an Land zu lassen.

Wie stets in solchen Fällen bedienten sich die westlichen Medien neben dem Herunterspielen einer humanitären Katastrophe vor allem auch der Methode „Haltet den Dieb!“ Zunächst suchten sie Myanmars nicht nach ihrer Pfeife tanzende Regierung als Prügelknaben vorzuführen. Rangun habe die Krise durch „bei der Bevölkerung auf Widerstand gestoßene Pläne“ ausgelöst, der muslimischen Minderheit volle staatsbürgerliche Rechte zu gewähren, die sie auch zur Teilnahme an künftigen Wahlen autorisieren würde, hieß es.

Sun Kyi blieb angesichts des gnadenlosen Vorgehens ihrer politischen Anhängerschaft „ruhig und besonnen“ und spielte die ihr zugedachte Rolle einer „mutigen und überzeugten Frau“. Dafür erteilten ihr westliche Gazetten die Prädikate „pragmatisch“ und „nüchtern kalkulierend“.

Aufschlußreich war in diesem Zusammenhang ein Kommentar der „International Business Times“ unter der Schlagzeile „Steckt der buddhistische Mönch Wirathu hinter der Gewalt in Myanmar?“ Man erfuhr, daß er der Koordinator des politisch motivierten Terrors gegen die Rohingyas ist. Zufällig gehört Wirathu auch zu den einflußreichsten Anhängern von Sun Kyi. Gerüchten zufolge war er der Inspirator heftiger Unruhen in Rangun, nachdem „Vermutungen“ über die von der Moslem-Minderheit angestrebte Umwandlung einer Schule in eine Moschee gezielt „unter die Leute gebracht“ worden waren.

In einem Beitrag der Zeitschrift „UK Independent“ unter dem Titel „Burmas Mönche rufen zur Zerschlagung der Moslem-Gemeinschaft auf“ wurde gefordert, zu Rohingya keinerlei soziale Kontakte zu unterhalten und Organisationen jede Unterstützung zu verweigern, die den nach der Vertreibung aus ihren Häusern in eilends errichteten Notquartieren Untergekommenen Hilfe erweisen möchten.

Inzwischen ist auch Myanmars Nachbarstaat Thailand ins Fadenkreuz geraten. USA-gelenkte Kreise suchen Bangkok die Mitschuld an den Geschehnissen zu unterstellen. Solche Attacken könnten möglicherweise damit im Zusammenhang stehen, daß Thailand 2014 einen durch Washington begrüßten Militärputsch in dem südostasiatischen Land nicht gerade freundlich aufgenommen hatte.

Fazit: Die Rohingya sind nicht, wie ihre Verfolger behaupten, Staatenlose. Sie sind auch keine „Boat People“, wie sie westliche Blätter unter Anspielung auf die seinerzeitige Fluchtwelle aus Südvietnam bezeichnen. Jene, welche sie als Obdachlose abstempeln, spielen nicht minder die falsche Karte. Ihre Heimat heißt nach wie vor Myanmar.

RF, gestützt auf einen Forschungsbericht von Tony Cartalucci, Bangkok, im Magazin „New Eastern Outlook“