Ware und Geld

4.2.3
Das Geld als Schatz und Geldreserve

Karl Marx bezeichnet das Geld in den Funktionen als Schatz, Zahlungsmittel und Weltgeld als Geld, das heißt als wirkliches Geld. Das hängt damit zusammen, daß das Geld als Maß der Werte nur ideell fungiert und als Zirkulationsmittel durch Symbole, Wertzeichen vertreten werden kann. Er schreibt: „Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulkationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.“109 Das gilt zum Beispiel für die Funktion als Schatz und Geldreserve.

Wird der Zirkulationsprozeß unterbrochen und erfolgt auf den Verkauf, W – G, kein Kauf, G – W, so fällt das Geld aus der Zirkulation und übt die Funktion als Schatz aus. Die Schatzbildung entstand historisch daraus, daß die Entwicklung der Geldverhältnisse dazu führte, daß sich, wie in anderem Zusammenhang schon gesagt, das Geld als Repräsentant gesellschaftlichen Reichtums entwickelte. In der Naturalwirtschaft wurde die Akkumulation in Form von Anhäufung von Produkten betrieben. Schon im Altertum wurden von den Herrschern Gold- und Geldstücke als Staatsreserve, vor allem als Kriegsschatz, angelegt. Mit der Entwicklung der Warenproduktion und -zirkulation wurde die Bildung von Geldschätzen zur allgemeinen Erscheinung. Geld läßt sich in unbeschränkter Menge und auf unbeschränkte Dauer aufbewahren. Daher wurde der Geldschatz auch für das sich entwickelnde Städtebürgertum Verkörperung sowohl ihres Reichtums als auch ihrer Macht.

Der Trieb nach Schatzbildung, die Gier nach Reichtum und die sich dadurch ergebende ökonomische Möglichkeit der Herrschaft über Menschen sind für alle Ausbeutergesellschaftsordnungen charakteristisch. Die Geschichte der Menschheit ist voll von Beispielen davon, wie die Gier nach Geld, nach Reichtum und damit nach Macht die Ursache von Verbrechen, von Krieg, Raub, Mord, Unterdrückung und Versklavung ganzer Völker war und ist.

Der Umstand, daß das Geld als verselbständigter allgemeiner Tauschwert unmittelbar in Waren umgesetzt werden kann, erscheint als eine natürliche Eigenschaft des Geldes. Das Gold scheint von Natur aus Geld und Verkörperung des gesellschaftlichen Reichtums zu sein. Diese Vorstellung bezeichnet Karl Marx als Geldfetischismus.110

Die Schatzbildung erfolgte auch aus unmittelbar ökonomischen Gründen mit der entwickelten Warenzirkulation dadurch, daß die Warenzufuhr bald größer, bald kleiner war oder der Umlauf des Geldes sich langsamer oder schneller vollzog. Auf diesem Wege bildeten sich nicht nur an verschiedenen Stufen Schätze von Geld, das für die Zirkulation überflüssig war, sondern diese Schätze erhielten auch die spezifische Funktion als Geldreserve. Sie wurden ökonomisch notwendig, um die Warenzirkulation ständig in Fluß zu halten.

Mit der weiteren ökonomischen Entwicklung, mit der Herausbildung des Handels- und Wucherkapitals und schließlich der kapitalistischen Produktionsweise wurden bei den Banken die Geldreserven angesammelt und es entwickelte sich der gesellschaftliche Mechanismus der Geldemission und Gelddeponierung als Form der spontanen Regulierung des Geldumlaufs.