RotFuchs 219 – April 2016

„Erfolgsrezepte“ aus Jena und Amsterdam

Rico Jalowietzki

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena und die Universität Amsterdam haben jüngst gemeinsam zum Thema Arbeitslosigkeit geforscht und sind in ihrer Studie zu folgendem Ergebnis gekommen: Regelmäßige Kirchgänger leiden deutlich weniger unter Job-Verlusten als atheistisch Geprägte und gewöhnen sich auch schneller an ein Leben ohne Arbeit. Der Analyse ist weiter zu entnehmen, daß die Betroffenen nach drei Jahren Arbeitslosigkeit fast genauso zufrieden mit ihrem Leben sind wie Arbeitende, wenn sie einmal wöchentlich eine Kirche, Moschee oder Synagoge aufsuchen. Der Glaube sei als Quelle für Trost und Zuversicht anzusehen.

Warum verbreitet man gerade jetzt diese Nachricht? Schließlich konnte die Bundesagentur für Arbeit Ende vergangenen Jahres eine offizielle Arbeitslosenquote von „nur“ 6,1 % sowie einen Haushaltsüberschuß von 3,5 Milliarden Euro feiern. In den bürgerlichen Medien der BRD gab es indes auch Warnsignale: Die Integration der Flüchtlinge aus Syrien und anderen Nahoststaaten werde die Arbeitslosenquote 2016 ein ganzes Stück nach oben treiben, hieß es. Sicher waren sich die „Experten“ aber noch nicht, ob das möglicherweise erst 2017 geschehen werde.

Plötzlich strömten – und übrigens nicht aus heiterem Himmel – mehr als eine Million Menschen durch die Tore der „Europäischen Union“, wobei die meisten von ihnen ein klares Ziel hatten: die BRD oder „Germany“. Sie kamen ausgerechnet in jenes Land, welches mit seinen immensen Rüstungsexporten ganz maßgeblich zur Destabilisierung des Nahen Ostens beigetragen hat. Und so griff wieder einmal das Verursacherprinzip!

Legt man bestimmte Kriterien zugrunde, dann scheint der BRD in absehbarer Zukunft die nächste große Krise ins Haus zu stehen. Führende Vertreter der deutschen Bourgeoisie dürften Bundeskanzlerin Merkel allerdings schon ihren Wunsch nach mehr „verwertbarem Humankapital“ eingeflüstert haben. Nicht wenige von ihnen träumen dabei von der Untergrabung des Brutto-Mindestlohnes in der kärglichen Höhe von 8,50 Euro. Und ohnehin sollte aus deren Sicht endlich wieder mehr Druck auf Arbeiter und Angestellte ausgeübt werden können. Dazu aber bedarf es einer Überzahl vor den Firmentoren auf einen Job wartender Menschen.

So beißt sich die Katze in den Schwanz. Während sich die BRD-Kapitalisten an ihrer selbstgezüchteten Win-Win-Situation berauschen, stößt ihr Staat bei Wohnungsbeschaffung und Berufsausbildung für derzeit Asylsuchende an harte Grenzen, was dann endgültig einen kräftigen politischen Rechtsruck zur Folge haben wird. Dieser dürfte sich bereits bei den Landtagswahlen einstellen. Aktuelle Umfragen zur Stimmungslage auf Landes- und Bundesebene deuten bereits in diese Richtung.

Aber für all jene, welche in diesem Prozeß zusätzlich unter die Räder kommen sollten, halten die Universitäten Jena und Amsterdam ein wohl eher als Opium bekanntes Erfolgsrezept parat, womit die eigentliche Frage weiter ungelöst bleibt.